Meine Kinder haben einen Altersunterschied von 6 Jahren – warum das toll ist

Mein zweites Kind wurde geboren, als mein erstes Kind sechs Jahre alt war. Für uns war das der perfekte Zeitpunkt und der perfekte Altersunterschied.

Warum? „Hoffentlich kommt das Baby bald, dann fühle ich mich endlich wieder gebraucht“, war fast schon mein Standardsatz in der Schwangerschaft – halb im Scherz dahingesagt, wenn die Große, vormals die Kleine, mal wieder erklärte, dass sie dieses oder jenes bitteschön alleine könne und ich sie doch selbst machen lassen solle. Womit sie bestimmt Recht hatte.

Ich hielt mich also mehr und mehr zurück, weinte innerlich ein paar Tränen, weil Kinder so schnell groß werden, wusste aber, dass es richtig war, wie es war.

Denn so funktionierte auch das Zusammenleben mit unserem Neuankömmling vom ersten Tag an sehr gut. Das begann wohl schon in den neun Monaten zuvor.

Meine zehn Gründe, warum ich diesen Altersunterschied toll finde:

1. Bewusste Vorbereitung

Weil meine Tochter eben schon fast ein Schulkind war, konnte sie die Schwangerschaft bewusst miterleben. Sie konnte verstehen, was passiert und was noch passieren würde. Wir konnten uns also gemeinsam darauf vorbereiten. Dazu gehörte, dass wir viel darüber sprachen, welche Veränderungen auf uns zukommen würden. Wir hatten die Möglichkeit, über das Thema Eifersucht zu sprechen und darüber, wie viel Mühe Babys und Kleinkinder eben machen. Sie war in der Lage, das zu erfassen, weil es eben den Altersunterschied gab. Was sie natürlich nicht daran hinderte, später trotzdem eifersüchtig zu sein…

2. Die beste Beschützerin

Niemals werde ich den Gesichtsausdruck meiner Tochter vergessen, als sie zum ersten Mal ihren kleinen Bruder gesehen hat. Von dem Tag an hatte er die beste Beschützerin, die sich ein Mensch nur wünschen kann.

3. Die große Große

Meine Tochter wuchs an eben diesem Tag um gefühlte zehn Zentimeter – mindestens! Sie schlüpfte sofort in ihre neue Rolle als „die Große“ und übernahm unaufgefordert ein Stück Verantwortung. So wird unser Kleiner nicht nur von seinen Eltern, sondern auch von der Schwester großgezogen.

4. Der kleine Kleine

Er hatte also von Anfang an drei Ansprechpartner, drei Menschen, die ihn lieben und verwöhnen und drei Menschen, auf die er sich verlassen kann.

5. Die Geheimsprache

Weil die Große noch ein Kind ist, aber doch kein Baby mehr, übersetzte sie anfangs für mich. Sie wusste oft schon vor mir, was ihr kleiner Bruder gerade brauchte oder möchte. Wenn der Geschwisterinstinkt durchkommt, kann der Mutterinstinkt einpacken…

6. Das perfekte Vorbild

Der Altersunterschied führte dazu, dass der Kleine von Anfang an immer genau das tun wollte, was die große Schwester tat. Aus dem Glas trinken, richtiges Essen essen, Hausaufgaben machen etc. Das führte dazu, dass er nie einen Trinklernbecher hatte, keinen Brei mochte und schon im zarten Alter von elf Monaten versuchte, den Stift richtig zu halten, mit dem er auf ein Blatt Papier schmierte. Windeln wollte er ebenfalls schnell keine mehr, seine Shirts und Hosen zog er sich ohne Hilfe an, als er eineinhalb war.

Diese Liste ist lang und mir ist klar, dass ich mir spätestens, wenn meine Tochter in die Pubertät kommt, etwas überlegen muss. Aber bis dahin dauert es ja noch ein bisschen und ich denke, dass wir auch das gut überstehen werden, aus genau demselben Grund: Sie weiß um ihre Vorbildwirkung und bemüht sich beispielsweise, vor ihrem kleinen Bruder keine Süßigkeiten zu essen. Fernsehen möchte sie auch nur noch, wenn er schläft.

Von Anfang an kuscheln die beiden Kinder viel. Foto: Bigstock

7. Weniger Streit

Unter Geschwistern gibt es immer Streit, egal, wie groß der Altersunterschied sein mag. Auch meine inzwischen Siebenjährige könnte ihren krabbelnden Bruder umschubsen und ärgern und auch er könnte, kaum dass er gehen kann, den Kopf seiner großen Schwester an den Haaren von Mamas Schultern ziehen, weil da ja sein Platz ist. Allerdings finde ich, halten sich die Streitereien eher in Grenzen, wenn zumindest ein Kind alt genug ist, um zu wissen, was richtig und was falsch ist. Meine zwei Jahre jüngere Schwester und ich haben uns als Kinder regelmäßig verprügelt. So etwas würde bei meinen Kindern nie vorkommen, dazu sind die Kräfteverhältnisse wohl schlichtweg nicht ausgewogen genug.

8. Hilfe im Alltag

„Oh weh, bitte bring mir schnell die zweite Packung Feuchttücher!“ Das hätte ich einem dreijährigen Geschwisterkind wohl nicht zugetraut. Meine Siebenjährige aber war/ist der perfekte Handlanger und hilft brav mit. Egal ob unvermutete Kackplosion, Brötchen holen, während ich mit dem Kinderwagen draußen warte, Hautür aufsperren, wenn sich das schreiende Kleinkind in meinen Armen windet – wir sind ein super Team und ohne sie wäre ich oft verloren. Gut, das vielleicht nicht gerade, aber ohne sie wären viele Situationen deutlich schwieriger und anstrengender gewesen.

9. Genug Aufmerksamkeit für beide

Weil die Große schon so selbständig war und außerdem tagsüber in die Schule muss, konnte ich den Kleinen genauso genießen wie sie früher. Er bekam mindestens von acht bis 16 Uhr die volle Aufmerksamkeit – fast wie ein Einzelkind. Auch nach der Schule hatte er sie oft, weil meine Tochter sich mit ihren Freunden verabredete, Bücher las oder in Hörspiele und Träume versunken war.

10. Gemeinsames Spielen

War sie zuhause, war ich hingegen meistens völlig überflüssig. Die beiden Kinder spielten so wunderbar zusammen, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Die Große erfand die besten und lustigsten Spiele für ihren und mit ihrem Bruder, sogar solche, für die sie  zu alt war. So verlängerte sich ihr Kind-Sein und ich konnte währenddessen Haushalt oder Essen machen oder einfach mal sitzen bleiben, Tee trinken und ihnen beim Lachen zusehen und zuhören.

Was für eine herrliche Zeit, die Kindheit!

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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