Als Linda bemerkte, dass ihre Tochter Lana plötzlich „komisch lief“, ahnte sie sofort, dass mehr dahintersteckt – auch wenn Ärzt*innen sie lange beruhigten. Doch ihr Bauchgefühl ließ sie nicht los, wie sie in ihrer echten Geschichte erzählt. Was dann folgte, war eine Diagnose, die nicht nur das Leben ihrer Tochter, sondern auch ihr eigenes für immer verändern sollte.
„Sorgen, Hoffnung – und am Ende ein kleines Wunder, so lässt sich unsere Geschichte rückblickend beschreiben. Aber von Anfang an.
Ich habe ein auffälliges Gangbild. Schon als kleines Mädchen fing es bei mir an. Ich war oft bei Ärzten – aber es wurde immer als psychogene Gangstörung abgetan. Rückblickend ist das schlimm. Ich bin irgendwie durchs Leben gehumpelt, niemand sah genauer hin.
2018 hatte ich dann einen heftigen Schub.
Ich konnte fast gar nicht mehr ohne Hilfe laufen. Meine Freundinnen hielten mich fest, wenn wir draußen waren. Lana war da gerade drei Jahre alt. Es war schwierig, mit ihr spazieren zu gehen – ich hatte immer Angst, dass sie wegläuft und ich nicht hinterherkomme.
Manchmal konnte ich mich einfach nicht bewegen – mein Bein blieb wie blockiert auf dem Boden stehen. Zuhause hangelte ich mich an den Möbeln entlang. Zu dieser Zeit begann es auch bei Lana – ganz leicht, fast unauffällig.
Sie war damals ungefähr dreieinhalb Jahre alt.
Es sah merkwürdig aus, aber sie hatte keine Schmerzen, lachte, spielte, war fröhlich wie immer. Trotzdem filmten wir ihr Gangbild – ein leises Bauchgefühl sagte mir, dass da etwas nicht stimmt.
Ein Jahr verging. Keine Veränderung. Also ging ich mit den Videos zum Kinderarzt. Er winkte ab: ‚Das ist nur eine Innenrotation, das verwächst sich bis zum siebten Lebensjahr.‘ Ich wollte das glauben. Wirklich.
Doch mit der Zeit wurde ihr Gangbild immer auffälliger.
Bei einem weiteren Besuch wurde ich erneut beruhigt – Lana sei völlig unauffällig. Also warteten wir weiter auf das große ‚Verwachsen‘. Aber nichts verwuchs. Es wurde schlimmer. Und so auch mein Gefühl – dieses laute, warnende Gefühl. Etwas in mir schrie: Da stimmt etwas nicht!
Morgens ging Lana fröhlich zur Schule, doch nachmittags konnte sie kaum noch laufen. Fahrradfahren war mühsam, Sport unmöglich. Bei Schulausflügen wurde ein Bollerwagen mitgenommen – eigentlich für den Proviant, aber insgeheim für sie.
Im Mai 2023 kam dann der Tag, der alles veränderte.
Ich wollte sie von der Schule abholen, als mich eine OGS-Mitarbeiterin zur Seite nahm: ‚Lana musste heute im Wald getragen werden. Sie konnte nicht mehr laufen.‘
Ihr Bein hatte einfach den Dienst verweigert.
Ich habe das ganze Wochenende geweint. Ich fühlte mich so hilflos, so schuldig, dass ich ihr nicht hatte helfen können.
Am Montag stand ich wieder beim Kinderarzt – diesmal ohne Lana, aber mit aktuellen Videos.
Er sah sie sich an, schwieg lange und sagte dann: ‚Ich überweise Sie sofort zum Chefarzt der Kinderneurologie. Ich vermute eine Spastik.‘
Am 6. Juni 2023 waren wir im Krankenhaus. Der Chefarzt hörte zu, stellte viele Fragen – auch zu unserer Familie. Ich erzählte, dass ich selbst komisch laufe, jahrelang als Spastikerin behandelt wurde und Botox in die Waden bekam.
Der Chefarzt stellte mir eine entscheidende Frage: ‚Wird es im Tagesverlauf besser – oder schlimmer?‘
‚Schlimmer‘, antwortete ich. Er nickte. Und mit diesem Nicken veränderte sich unser ganzes Leben.
Seine Diagnose: Segawa-Syndrom – eine Dopa-sensitive Dystonie.
Eine Genmutation, die verhindert, dass das Gehirn genug Dopamin produziert. Lanas Blut wurde zur genetischen Untersuchung eingeschickt. Und während wir warteten, erzählte ich meinem Neurologen von alldem. Er zögerte keine Sekunde und verschrieb mir ein Dopaminpräparat.
Am 14. Juli 2023 nahm ich meine erste Tablette – und drei Stunden später war alles anders. Nach Jahrzehnten voller Verspannungen und Einschränkungen fühlte ich mich plötzlich frei. Ich konnte laufen. Einfach so. Ohne Mühe. Ohne Schmerz. Ich wusste ja gar nicht, wie mühelos sich das für die meisten anderen Menschen anfühlt.
Ich habe geweint – diesmal vor Glück.
Da wusste ich: Der Chefarzt hatte recht. Acht Wochen später kam Lanas Ergebnis: dieselbe Genmutation. So bekam auch sie das Präparat verschrieben: Eine Tablette – und auch sie konnte wieder laufen. Radfahren. Rennen. Lachen, ohne erschöpft zu sein.
Sie wusste gar nicht, wie ihr geschah. Ihr Körper, der sie so lange im Stich gelassen hatte, funktionierte plötzlich.
Unsere Symptomatik ist etwas unterschiedlich – vielleicht haben wir deshalb nie daran gedacht, dass es vererbbar sein könnte. Ich weiß es bis heute nicht. Lana hat auch einen großen Bruder, er ist völlig gesund – er läuft Marathon.
Diesen Sommer sind wir jeden Tag gemeinsam Fahrrad gefahren – von morgens bis abends.
Und jedes Mal, wenn ich sie lachen sah, liefen mir die Tränen über die Wangen. Ihr Leidensdruck war so groß gewesen … und jetzt war er einfach verschwunden.
Unsere Erkrankung ist so selten, dass ein niedergelassener Neurologe diese Diagnose höchstens einmal in seiner Dienstzeit stellt – wenn überhaupt. Wir hatten unbeschreibliches Glück, dass wir den einen Arzt trafen, der sofort das Richtige erkannte.
Und heute?
Heute leben wir. Wirklich. Mit offenen Herzen, beweglichen Beinen – und einer Dankbarkeit, die ich kaum in Worte fassen kann.”
Liebe Linda, vielen Dank, dass wir deine berührende Geschichte erzählen durften. Wir wünschen dir und deiner Familie alles Liebe für die Zukunft!
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