Nein zum zweiten Kind: „Noch eine Wochenbettdepression hätte ich nicht überlebt.“

In der allgemeinen Vorstellung ist die erste Zeit nach der Geburt eine Phase der puren Glückseligkeit. Das stimmt nun aber leider längst nicht immer! Und ganz besonders nicht, wenn Mamas unter Wochenbettdepressionen leiden.

Dieses Schicksal hat auch Verena getroffen. Sie ist mehrere Monate lang durch die Hölle gegangen, nachdem ihr Kind auf die Welt gekommen war. Das Ganze war so belastend, dass Verena und ihr Mann sich trotz einer großen Sehnsucht gegen ein zweites Kind entschieden haben. Sie hat uns ihre Echte Geschichte erzählt:

„Vor einigen Jahren brach ich den Kontakt zu meiner gesamten Familie ab. Ich hatte jahrelang unter Demütigungen, emotionalem und körperlichem Missbrauch gelitten – vor allem durch meine Mutter. Die seelischen Wunden waren tief, als mein Mann und ich über Kinder nachzudenken begannen. Ich war eigentlich noch nicht bereit für Kinder, aber ich wollte ihn nicht verletzen und hoffte insgeheim, dass es mit der Schwangerschaft einfach nicht sofort klappen würde.

Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich nicht so einfach werden würde.

Mein Mann ließ sich untersuchen – mit erschütterndem Ergebnis: Seine Spermien waren kaum lebensfähig. Auch bei mir stellte man starke Fruchtbarkeitseinschränkungen fest.

Unter anderem war eine frühere Endometriose daran Schuld. Die Diagnosen trafen uns hart, aber wir wagten den Schritt in die Kinderwunsch-Klinik. Eine ICSI war unsere einzige Chance – und sie klappte gleich beim ersten Versuch. Eine weitere befruchtete Eizelle (Blastozyste) ließen wir einfrieren, als ,Reserve‘, als Hoffnung auf ein mögliches zweites Kind.

Doch was danach kam, veränderte mein Leben. Die Schwangerschaft war von Anfang an körperlich belastend – ich litt durchgehend an schwerer Übelkeit und Erbrechen. Die Geburt endete in einem Notkaiserschnitt unter Vollnarkose. Mein Kind wurde geboren, ohne, dass ich es bewusst erleben konnte. Ich hatte das Gefühl, etwas Entscheidendes verpasst zu haben.

Als ich aufwachte und mein Baby an die Brust gelegt wurde, wollte ich es sofort wieder von mir weg haben. Ich täuschte vor, mich übergeben zu müssen, nur damit man es mir abnahm.

Ich dachte sogar: ,Ist das überhaupt mein Kind? Könnten sie es vertauscht haben?` Ich war misstrauisch und empfand keinerlei Verbindung zu ihm.

Das Wochenbett wurde zur Hölle. Ich konnte keine Nähe zu meinem Kind zulassen, lehnte es ab, schrie es sogar an und schob es ständig von mir weg – sogar das Stillen fühlte sich übergriffig an und löste Erinnerungen an frühere Missbrauchserfahrungen aus. Ich entwickelte binnen kürzester Zeit eine heftige Wochenbettdepression. Ich nahm in kürzester Zeit über 17 kg ab, isolierte mich komplett, wollte nur noch verschwinden.

In meinen schlimmsten Momenten dachte ich sogar: Vielleicht wäre es einfacher, wenn das Kind einfach sterben würde.

Zum Glück war ich bereits in therapeutischer Behandlung, sonst weiß ich nicht, wie ich das überstanden hätte. Nach etwa sieben Monaten konnte ich langsam eine Bindung zu meinem Kind aufbauen. Heute haben wir ein enges, liebevolles Verhältnis – aber es war ein harter, schmerzhafter Weg dorthin.

Trotzdem begegnet mir immer wieder die Frage: Wann kommt das zweite Kind? Die Antwort ist klar: Es wird kein zweites geben. Wir haben lange überlegt, doch ich kann und will keine weitere Wochenbettdepression riskieren. Die Erinnerung an diesen Zustand sitzt zu tief. Vor Kurzem haben wir deshalb beschlossen, unsere eingefrorene Blastozyste vernichten zu lassen. Natürlich ist da Trauer – um eine mögliche Zukunft, um ein potenzielles Geschwisterkind. Aber gleichzeitig auch Erleichterung, Klarheit und vor allem Selbstschutz.

Mein Appell an andere: Nicht jede Geburt ist ein Wunder, nicht jede Mutter ist sofort verliebt in ihr Kind. Wochenbettdepression ist real, sie ist ernst und sie braucht Unterstützung.

Ich hätte Hilfe viel früher gebraucht, aber ich konnte mich nicht überwinden, um Hilfe zu bitten. Bitte seid achtsam mit jungen Müttern – nicht alle schaffen es allein. Therapie hat mir das Leben gerettet. Ich hoffe, dass mehr Offenheit zu mehr Verständnis führt.“


Liebe Verena, vielen Dank, dass du uns deine sehr berührende Geschichte anvertraut hast. Wir wünschen dir und deiner Familie alles, alles Liebe für die Zukunft!

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Laura Dieckmann

Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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