Elternabend-Survival-Guide: Wie ihr garantiert nicht Elternvertreter werdet*

(*Vielleicht. Mit etwas Glück.)

In den letzten Tagen las ich bei Twitter verdächtig oft Dinge wie:

Ja, hurra, es ist wieder Schulanfang. Nachdem wir uns durch die Materiallisten gekämpft und den Nachwuchs über das bittere Ende der Sommerferien hinweggetröstet haben, rollt nun die nächste Herausforderung auf uns Eltern zu: der Elternabend. Und mit ihm so wunderbare Angelegenheiten wie die Wahl der Elternvertretung.

Diesen Leidensweg kenne ich nur zu gut

Bei uns wird ja vorher immer ausgewürfelt, wer zum Elternabend gehen muss, weil wir diesen ewigen Konflikt nicht anders lösen können. Einer muss, keiner will – es ist nicht so einfach!

Leider habe ich immer sehr viel Pech im Spiel und deshalb nun schon eine jahrelange Elternabend-Karriere hinter mir. Doch nicht nur das. Seit stattlichen sieben Jahren nenne ich nun auch schon das ehrwürdige Amt der Klassenelternvertretin mein Eigen – weil ich einfach nicht „Nein“ sagen kann. Nicht, dass ich den Job so sehr lieben würde.

Ich war bloß die letzten Jahre in den entscheidenden Momenten nicht genug auf Zack, um dieses schwere Schicksal rechtzeitig abzuwenden. Doch das wird sich nun ändern. Momentan finden die meisten Elternabende ohnehin virtuell statt. Aber auch hier lauern die üblichen Stolperfallen. Doch da hopse ich dieses Jahr elegant drüber.

Meine 6 goldenen Regeln für den Elternabend

Diesmal habe ich mich besser vorbereitet. Mein siebenjähriger Erfahrungsschatz befähigt mich dazu, diesen wasserdichten Elternabend- Survival-Guide hier zu verfassen. Am Ende muss ich mich nur selbst daran halten, und alles wird gut. Legen wir los.

Regel 1: Lernt von euren Gegnern

Nach all den Jahren muss ich leider sagen, andere Eltern sind in diesen Situationen meistens nicht unsere Mitstreiter und Freunde, sondern eher unsere Gegner. Schließlich hat niemand ein Interesse daran, diverse Zusatzaufgaben aufgehalst zu bekommen. Also entwickeln alle ihre eigenen Taktiken, um Unliebsames auf andere abzuwälzen. Manche Eltern sind darin richtig gewieft und schlawinern sich geschickt durch die Schulzeit, ohne zu irgendeiner Verantwortung gezogen zu werden. Meiner Erfahrung nach lassen sich Eltern dabei in verschiedene Typen einordnen, von denen wir in Sachen Elternabend noch einiges lernen können.

Elternabend-Typen: Die Schwänzer

Es gibt Mitschüler meiner Tochter, bei denen ich nach sieben Jahren immer noch nicht weiß, ob die überhaupt Eltern haben, weil ich sie noch nie zu Gesicht bekommen habe. Die schaffen es, sich vor so ziemlich jedem, offiziellen Termin zu drücken (selbst zur Einschulung damals wurden Oma und Opa hingeschickt).

Wer erst gar nicht zum Elternabend erscheint, läuft natürlich auch nicht Gefahr, zum Elternvertreter gewählt zu werden. Eigentlich gar nicht so blöd. Für mich kommt diese Taktik allerdings nicht infrage. Ich bin zu neugierig und will wissen, was im kommenden Schuljahr passieren wird, ohne mir die Infos im Nachhinein mühsam von anderen Eltern holen zu müssen.

Elternabend-Typen: Die Zu-Zweit-Auftaucher

Während manche Eltern sich nie blicken lassen, kommen andere immer nur im Doppelpack. Aber ich habe das längst durchschaut! In dem Moment, in dem es um die Wahl zur Klassenelternvertretung geht, haben die Zweisamkeits-Fetischisten einen entscheidenden Vorteil. Sie können auf den jeweils anderen zeigen und sich dann die Zeit damit vertreiben, sich zu streiten, wieso der andere viel besser dafür geeignet wäre. Um sich dann am Ende gütlich darauf zu einigen, gar keinen von beiden zu nominieren. Sehr klug, diese Masche. Habe ich alles schon erlebt!

Elternabend-Typen: Die Klemmbrett-Väter

Das sind die Väter, die vor der Geburt des ersten Kindes schon sämtliche Elternratgeber auswendig lernen, um hinterher alles besser zu wissen. Die erzählen den Hebammen schon beim ersten Kennenlernen, wie sie am Tag der Niederkunft ihren Job zu machen hätten. Entsprechend verhalten sie sich natürlich später auch auf Elternabenden.

Klemmbrett-Väter sind unglaublich von sich überzeugt, aber gleichzeitig unfassbar renitent, wenn es darum geht, die Wahl zur Elternvertretung von sich fernzuhalten. Die können nämlich kategorisch Nein sagen, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Von deren Standhaftigkeit können wir anderen uns glatt noch eine Scheibe abschneiden. Muss ich auch, denn sonst habe ich die am Ende am Hals. Klemmbrett-Väter neigen nämlich auch dazu, der Klassenelternvertretung lang und breit zu erklären, was sie alles verkehrt macht.

Elternabend-Typen: Die Unauffälligen

Es gibt Elterntypen, die schaffen es, sich den ganzen Elternabend lang wegzuducken und lediglich bei Themen, die für sie selbst relevant erscheinen, aufzuhorchen, um sich danach sofort wieder unsichtbar zu machen. Die haben das selektive Hören perfektioniert und tragen so eine Art Tarnanzug, sind meist sehr unauffällig gekleidet. Ich glaube, genau das ist ihr Geheimrezept: Bloß nicht auffallen. Ich werde mich nie wieder für einen Elternabend schick machen, soviel steht fest.

Elternabend-Typen: Die engagierten Mamas und Papas

Die engagierten Mamas und Papas mögen wir gerne. Sie recken schon den Hals, wenn bei der Agenda-Vorstellung der Begriff „Klassenelternvertreter-Wahl“ fällt.

Wenn solche beim Elternabend auftauchen, ist schon viel gewonnen, oder besser gesagt: ein Klassenelternvertreter-Posten abgewälzt.

Blöderweise müssen oft mehrere Elternvertreter gewählt werden, die sich dann gegenseitig vertreten. Die engagierten Mamas und Papas lösen also noch nicht das Problem an sich, mindern aber immerhin das Risiko, selbst gewählt zu werden. Ich gehöre vermutlich in diese Gruppe, von der ihr in Sachen Aufgaben-Vermeidung leider gar nichts lernen könnt, denn wir tappen ja ständig in sämtliche Fallen und übernehmen freiwillig alles, was anfällt.

Nachdem wir nun sämtliche Elterntypen schon vor dem Elternabend kennen und einordnen können, gilt es nur noch, die restlichen Stolperfallen erfolgreich zu umschiffen.

Regel 2: Werdet bei wichtigen Schlüsselbegriffen hellhörig

Ich sage nur:

  • „Schulausflug“,
  • „Sommerfest“,
  • „Flohmarkt“ und
  • „Tag der offenen Tür“…

Alles ganz tolle Veranstaltungen, bei denen aber ziemlich oft ziemlich viel Hilfe benötigt wird. Von Ausflugbegleiterin über Standbetreuerin bis Kassenwärtin des Schulvereins, ich habe schon an so ziemlich jeder Stelle des Schulalltags das fehlende Schulpersonal kompensiert.

Mein bisheriges Highlight: Kofferlogistikerin – als ich 25 Reisetaschen ins Schullandheim nach Bremervörde fahren durfte, damit die Kinder ballastfrei im Zug anreisen konnten. Das ist mir auch nur deshalb widerfahren, weil ich nicht dazu in der Lage war, unbeteiligt aus dem Fenster zu gucken, als danach gefragt wurde, wer das freundlicherweise übernehmen könnte. Kleiner Tipp am Rande: Wer sich schon im Laufe des Elternabends immer wieder zu kleinen Aushilfsjobs verpflichten lässt (und wessen Name ständig erklingt), läuft später umso stärker Gefahr, auf der Elternvertreter-Nominiertenliste zu landen. Das bringt mich direkt nur nächsten, goldenen Regel.

Regel 3: Lernt, die Stille auszuhalten

Wenn ich so zurückblicke, dann stelle ich fest: In die meisten Schwierigkeiten, äh, Schulverpflichtungen, habe ich mich eigentlich nur reingeritten, weil ich die Stille nicht aushalten konnte. Ich kann es nicht leiden, wenn sich keiner meldet und niemand bereit ist, auszuhelfen. Und das wissen alle anderen bereits. Es wird mir sehr schwerfallen, dieses Defizit abzustellen, aber ich habe mir bereits eine weitere Taktik zurechtgelegt, die mir dabei helfen könnte. Stichwort „abtauchen“.

Regel 4: Zieht Schuhe mit Schnürsenkeln an

Elternabend: Schuhe mit Schnürsenkeln helfen euch, unsichtbar zu werden

Elternabend: Schuhe mit Schnürsenkeln helfen euch, unsichtbar zu werden, Foto: Quinten Coetzee @ Unsplash

Schuhe mit Schnürsenkeln sind an Elternabenden praktisch unverzichtbar! In dem Moment, in dem gefragt wird, wer den Job übernehmen, sich freiwillig melden und bei allerlei Dingen aushelfen möchte, werde ich mich in Zukunft ganz tief runter bücken und so tun, als müsste ich mir dringend die Schuhe zubinden. Mit Ballerinas oder anderen, schnürsenkellosen Schuhen geht das natürlich schlecht. Also Augen auf bei der Schuhwahl vor dem Elternabend.

Regel 5: Traut niemals den Klassenlehrern

Sie schreiben freundliche Einladungen, bereiten mehr oder weniger unterhaltsame Power-Point-Präsentationen vor, und sie stellen uns sogar Knabberkram und Getränke hin, um es uns gemütlicher zu machen.

Lasst euch davon nicht blenden! Die Klassenlehrer meinen es am Elternabend nicht gut mit uns. Im Gegenteil. Ihre oberste Mission ist es nämlich, einen (oder mehrere) Elternvertreter zu finden, und dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Das Perfideste, was ich dabei regelmäßig erlebt habe, ist ihre geschickt platzierte Lobhudelei:

Frau Utzig hat das ja im vergangenen Schuljahr so toll gemacht, Applaus für Frau Utzig!

Spätestens, wenn alle anderen Eltern brav applaudieren, haben sie alle meinen Nachnamen registriert und wissen nun natürlich ganz genau, wen sie am Elternabend auf die Nominierungsliste setzen. Aus der Nummer wieder rauszukommen, ist eine echte Herausforderung. Ich kann anschließend ja schlecht sagen:

Ja, Frau Utzig hat diesen Job natürlich auch seeeehr gerne gemacht, hat jetzt aber überhaupt keinen Bock mehr.

Das kommt vermutlich nicht so gut an. Was tun? Das bringt mich direkt zur letzten, goldenen Regel.

Regel 6: Habt passende Antworten auf Lager

Ich habe mir schon mal ganz passable Reaktionen auf eine potenzielle Nominierung zum Elternvertreter zurechtgelegt. Welche zu euch passt, hängt ein bisschen davon ab, was ihr erreichen wollt.

Ihr möchtet ein gutes Verhältnis zu den Klassenlehrern bewahren und euch elegant aus der Affäre ziehen? Wie wär’s mit:

Nein, vielen Dank, ich fühle mich wirklich geehrt, aber in diesem Jahr sehe ich mich aufgrund privater Herausforderungen leider nicht dazu imstande, dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden.

Ihr möchtet nicht als der Drückeberger vom Dienst gelten und gleichzeitig ein bisschen Eindruck schinden? Dann hier lang:

Nein, vielen Dank, aber ich habe bereits x Ehrenämter in meiner Freizeit, da reichen meine zeitlichen Kapazitäten für die Elternvertretung in diesem Jahr leider nicht mehr aus, so leid es mir tut.

Euch ist sowieso schon alles egal? Dann hilft kurz, deutlich und schmerzlos:

Nein, ich möchte das nicht.

Was haben alle diese Sätze gemeinsam? Richtig, das schöne Wörtchen „Nein“, buchstabiert N-E-I-N. Die wichtigste, goldene Regel für Elternabende lautet also: „Nein“ sagen können.

Mich interessiert natürlich auch: Mit welchen Tricks habt ihr euch am Elternabend schon aus der Affäre gezogen? 
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Mit welchen Tricks habt ihr euch am Elternabend schon aus der Affäre gezogen? x

So. Ich schaffe das!

Komme was wolle, ich werde dieses Jahr nicht Elternvertreterin. Mit meinen eigenen Tipps vor Augen wird es mir hundertprozentig gelingen, die Klassenelternvertretung im Schuljahr 2021/2022 einem anderen, engagierten Elternteil unterzujubeln. Ganz bestimmt. Allerdings muss ich euch noch ein dunkles Geheimnis verraten.

Ich mache das meistens ganz gern…

Wenn mich die Klemmbrett-Väter einigermaßen in Ruhe lassen und ich mich an der ein oder anderen Stelle tatsächlich für Schüler einsetzen kann, die ein Problem haben, dann bin ich richtig gerne Elternvertreterin. Motto: Bevor es jemand anders nicht in meinem Sinne macht, mache ich es lieber selbst.

Damit stehe ich mir natürlich selber im Weg, wenn es darum geht, dieses Ehrenamt abzuschütteln, für das ich im Grunde viel zu wenig Zeit habe und das ich gar nicht übernehmen dürfte. Also verratet mich bitte nicht! Tut mir einen Gefallen und haltet wenigstens noch zwei Wochen still. Dann müssten die Wahlen vorüber sein, und wir sprechen uns wieder.

Ilona Utzig
Ich bin Rheinländerin, lebe aber seit vielen Jahren im Hamburger Exil. Mit meiner Tochter wage ich gerade spannende Expeditionen ins Teenager-Reich, immer mit ausreichend Humor im Gepäck. Wenn mein Geduldsfaden doch mal reißt, halte ich mich am liebsten in Küstennähe auf, je weiter nördlich, desto besser. Bei Echte Mamas bin ich Senior SEO-Redakteurin. Meine journalistische Ausbildung abolvierte ich bei Hamburger Jahreszeitenverlag, um anschließend Skandinavistik, Politikwissenschaft und Germanistik zu studieren. Nach langen Jahren als Finanz-Redakteurin liegen mir heute noch die Themen Vorsorge, Vereinbarkeit und Care-Arbeit am Herzen.

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