Baby schreien lassen – Erfahrungen von Mamas & Expertenwissen

Hier kommen die ehrlichen Worte einer Mama aus unserer Community zum Thema „Baby schreien lassen“ – und das, was Experten dazu sagen. 

1. Erfahrungsbericht: „Ja, ich habe mein Baby schreien lassen“ Aber anders, als man vielleicht denken könnte

„Liebe Mamas,

immer wieder unterhalten wir uns über das Thema ‚Baby schreien lassen‘. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal diejenige sein würde, die offen zugibt:

Ja, ich habe mein Kind schreien lassen.

Aber bitte lest weiter, bevor ihr mich verurteilt.

Über meinen Sohn

Mein kleiner Sohn ist heute fast viereinhalb Monate alt und seit seiner Geburt sehr empfindsam.

Was ich damit meine?

Je ruhiger man mit ihm umgeht, desto besser geht es ihm. Meine Eltern sind beispielsweise sehr ruhig und gelassen im Umgang mit ihm, und dort ist er ein entspanntes Baby. Meine Schwiegereltern sind zwar sehr liebevoll, aber eher unruhig und nervös. Bei ihnen ist mein Sohn sehr gestresst und weint öfter. Manchmal ist es so schlimm, dass ich ihn „aus der Situation herausholen“ muss und es am besten ist, wenn wir nach Hause gehen, weil er sich sonst einfach nicht mehr beruhigen lässt.

Mit der Zeit wurde mir klar – je mehr wir mit ihm erleben, desto schwerer fällt es ihm abends, den Tag zu verarbeiten. Alltägliche Dinge wie Einkaufen, oder auch ein Arztbesuch sind ihm manchmal schon zu viel. Aber wir müssen normal leben und manche Sachen sin nun einmal nicht zu vermeiden.

So hatten wir abends und nachts immer wieder die gleiche Situation: Nach seiner Milchflasche kam mein Sohn einfach nicht zur Ruhe. Er war zwar müde, aber er konnte einfach nicht loslassen und einschlafen. Er versuchte seine Erlebnisse zu verarbeiten und schrie und schrie, stundenlang. Es war einfach herzzerreißend. An Schlaf war nicht zu denken.

Baby schreien lassen

Wenn Kinder in ihrem Bettchen schreien – können sie wirklich lernen, sich selbst zu beruhigen? Foto: Bigstock

Wenn einfach nichts mehr hilft… Baby schreien lassen?

Tragen, wiegen, Tragetuch, pucken, streicheln, summen, singen, ruhige Musik, Gebärmutter-Geräusche, Kirschkernkissen, baden, mich dazu legen… Glaubt mir, ich habe wirklich alles versucht, um meinem schreienden Baby zu helfen.

Koliken hatte er nicht, und wirklich alles was ich im Internet gelesen, von Freunden gehört oder meiner Hebamme als Tipp bekam, habe ich ausprobiert – natürlich nie alles auf einmal. Ich war so jeden Abend am Ende meiner Kräfte, und irgendwann schlief auch der Kleine vor Erschöpfung ein.

Es machte mich fertig, mein Kind so zu sehen und ihm nicht helfen zu können. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich es ihm mit meinen Bemühungen nur noch schwerer gemacht habe. Meine gut gemeinten Versuche waren zusätzliche Reize, die ihn noch mehr beunruhigt haben.

Natürlich war er kurz ruhig, wenn ich ihn auf dem Arm nahm, aber eben nur ganz kurz. Nach wenigen Momenten ging das Weinen weiter und dauerte länger.

Baby schreien lassen – was ich damit wirklich meine

Natürlich nicht so, wie es früher gemacht wurde – Tür zu, bis er einschläft. Ich bin bei ihm geblieben und habe ihm immer wieder den Schnulli angeboten und siehe da, nach etwa zehn Minuten hat er den Schnulli genommen, legte seinen Kopf zur Seite und er schlief selig ein. Das klappte auch am nächsten Tag, und auch den Tag danach.

2. Das sagt die Hebamme: Niemals alleine schreien lassen

Ich habe später das Gespräch mit meiner Hebamme gesucht und mit ihr über die Situation gesprochen. Denn ich hatte ein sehr schlechtes Gewissen wegen unserer „Einschlaf-Methode“.

Als ich ihr erzählte, dass ich mein Baby schreien lasse, zog ich aus Angst vor ihrer Antwort schon den Kopf ein. Aber: Sie bestärkte mich sogar in meinem Tun!

Sie meinte: ‚Natürlich ist Schreien lassen, wie es früher gemacht wurde, das Schlimmste, was man Babys antun kann. Sie schreien um Hilfe, und niemand kommt. Aber das machst du nicht, du bist ja bei ihm! Also hab‘ bitte kein schlechtes Gewissen.

Auch wir Erwachsenen verarbeiten einen anstrengenden und stressigen Tag. Einer geht joggen, ein anderer braucht erstmal seine Ruhe und will nicht sprechen, wieder ein anderer schaut fern. Jeder hat so seine Möglichkeit.

Ein Säugling kann das alles nicht, ihm bleibt nur toben und strampeln. Aber wenn seine Grundbedürfnisse gestillt sind, und er sich so schneller beruhigt und insgesamt weniger schreit, machst du alles richtig.‘

Und genau so machen wir es heute noch. Es ist einfach sein Weg, sich zu beruhigen. Ich bleibe bei ihm, biete immer wieder den Schnulli an und nach zehn Minuten nimmt er ihn und schläft ein. Und uns beiden bleibt ein stundenlanger Kampf mit viel mehr Tränen und Geschrei erspart.“

3. Babys schreien lassen – Wissenschaft zu Ursachen und Methoden

Diese Erfahrung bestätigt auch der Spiegel. Katrin Neubauer nennt unterschiedliche Ursachen, die das Kind zum Schreien bringen könnten. Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine Fehlstellung der Halswirbelsäule (das so genannte Kiss-Syndrom) seien solche, die manuell behandelt werden könnten. Diese gilt es abzuklären.

Eine weitere Ursache könnte jedoch ein Problem mit der Selbstregulation sein, so wie es bei unserer Community-Mama der Fall war. Babys würden in diesem Fall eher und heftiger auf äußere Reize reagieren als andere, so Neubauer. Die Bochumer Kinderpsychologin Silvia Schneider empfiehlt Eltern hier „(…) sehr regelmäßige Tagesabläufe, eine reizarme Umgebung, aber auch viel Körperkontakt und positive Zuwendung.“ Und: Auf keinen Fall ALLEIN schreien lassen.

Die Ferber-Methode

Die umstrittene Weg geht ein paar Schritte weiter und vertritt die Annahme, dass Eltern ihren Kindern (ab 6 Monaten) dabei helfen können, allein einzuschlafen – und zwar, indem die Kleinen lernen, sich selbst zu beruhigen.

Dabei werden Kinder nach einem Einschlaf-Ritual in ihr Bettchen gelegt, im Anschluss gehen Eltern aus dem Zimmer. Fängt das Kleine an zu weinen, dürfen Eltern nach wenigen Minuten ins Zimmer gehen. Doch Eingreifen in Form von Tragen ist tabu. Nach kurzer Zeit sollen die Eltern das Zimmer wieder verlassen. Weint das Kind erneut, beginnt das Ritual von vorn.

Dass es bei dieser Methode viele Gegner gibt, liegt auf der Hand. Auch wenn eine australische Studie besagt, dass dieses Vorgehen keine seelischen Schäden bei Kindern hinterlasse, sondern das Schlafverhalten nachweislich verbessere, halten Kritiker laut spektrum.de die Methode für ein Desaster. Herbert Renz-Polster, Kinderarzt und Autor des Buches »Schlaf gut, Baby« erklärt, dass die Studie zu klein sei und Unstimmigkeiten nicht beachten worden wären. Er und weitere Ärzte halten die Nähe der Eltern – gerade beim Einschlafen – für elementar wichtig für die spätere Sicherheit in der Bindung. 

4. Beratung für Eltern

Unbestritten bleibt, dass es massiv an den Kräften zehrt, wenn wir über Wochen zu wenig schlafen. Unsere Community Mutter ist deshalb wichtige und richtige Schritte gegangen, die ihrem Kind und am Ende auch ihr selbst geholfen haben.

Persönliche Hilfe bekommt Eltern z. B. auch bei so genannten Schreiambulanzen: zur bundesweiten Datenbank.

Alles zum Thema Schlaftraining für Kinder findest du hier bei uns.

Weiterlesen: Eigenes Bett oder Familienbett?

 

 

 

 

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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