Es ist eine dieser Echten Geschichten, die mich als Mama mitten ins Herz treffen. Karolina Deiß und ihr Mann Alex haben das Schlimmste erlebt, was Eltern passieren kann: Ihr Sohn Leon ist mit nur 15 Monaten gestorben, weil die Ärzte eine Pneumokokken-Meningitis nicht erkannt haben. Für Karolina und ihren Mann Alex brach eine Welt zusammen, und der Verlust änderte alles. Doch irgendwann wurde den beiden klar, dass sie sich ein kinderloses Leben nicht vorstellen können. Da Alex sich nach Leons Geburt für eine Vasektomie entschieden hatte, führte der Weg die beiden in eine Kinderwunschklinik. Nach einer Fehlgeburt ist Karolina aktuell wieder schwanger. Wie es ihr damit geht, welche Ängste sie in der Schwangerschaft begleiten, was ihr Kraft gibt, wenn die Trauer zuschlägt, und wie sie auch heute noch mit Leon kommuniziert, hat sie uns im Interview erzählt.
„Ein kinderloses Leben kann ich mir nicht vorstellen.“
Auf ihrem Instagram-Kanal spricht Karolina offen über ihre Trauer, ihren Umgang mit dem Verlust und ihren Kinderwunsch. Und auch uns hat sie im Interview einen ehrlichen Einblick in ihre Gefühlswelt gegeben.
1. Liebe Karolina, Du bist aktuell schwanger – herzlichen Glückwunsch, wie schön! Wie geht es Dir denn?
„Danke dir! Ich befinde mich gerade noch im ersten Trimester, am Freitag ist Wochenwechsel, dann bin ich schon in der 11. Schwangerschaftswoche. Es geht mir mal so und mal so…. Die Übelkeit und die Müdigkeit hauen einen ganz schön um. Dazu habe ich immer mal wieder periodenstarke Blutungen, muss mehr liegen und mich mehr schonen.
Ich sage immer, ich funktioniere gerade nur zu 20 %. Ich bin ein Mensch, der immer mehr als 100 % gibt, und daher ist das für mich sehr ungewohnt. Aber ich mache alles für unser Baby. Hauptsache ihm bzw. ihr geht es gut.“
2. Im September 2022 ist Euch das Schlimmste passiert, was Eltern passieren kann. Euer Sohn Leon ist im Alter von nur 15 Monaten gestorben. Magst Du erzählen, was passiert ist?
„Leon ist an einer Pneumokokken-Meningitis gestorben. Wir waren zwei Mal im Krankenhaus, weil wir unseren Sohn nicht wiedererkannten. Er hatte sehr hohes Fieber, wollte nichts essen, nicht spielen. Er wollte nur von mir getragen werden und war quengelig.
Beim ersten Krankenhausbesuch, das war ein Freitag, wurden wir mit zwei Fehldiagnosen wieder nach Hause geschickt.
Ein Arzt meinte, er hätte nichts. Die zweite Ärztin meinte, er hätte eine beginnende Mandelentzündung und dagegen könne man kein Antibiotikum geben. Am Sonntag ging es ihm noch schlechter. Meinem Mann ist aufgefallen, dass er immer wieder die Augen verdreht, einschläft, aufwacht und weint, wieder die Augen verdreht, einschläft, aufwacht und weint.
Wir sind daraufhin sofort wieder ins Krankenhaus gefahren, zu einer Kindernotfallsprechstunde. Der Arzt schickte uns wieder nach Hause, wieder mit einer falschen Diagnose – diesmal Kehlkopfentzündung. Und auch er meinte, dass dagegen kein Antibiotikum helfen würde.
Ich vertraute ihnen. Wir vertrauten ihnen.
In der Nacht von Sonntag auf Montag hörte Leon neben mir auf zu atmen. Er wurde ganz steif. Ich dachte, er hätte einen Fieberkrampf, und plötzlich hörte er auf zu atmen. Ich rief sofort die 112 ,und der Notarzt war ein paar Minuten später da. Es vergingen Stunden, bis wir im richtigen Krankenhaus waren. Wir fuhren zuerst wieder in dieses Krankenhaus, in dem wir davor schon zwei Mal waren. Dort hatte gefühlt nur ein Arzt den richtigen Durchblick. Er hat sofort alle Untersuchungen eingeleitet, ein Not-CT durchführen lassen und dabei stellte sich heraus, dass Leons Hirndruck zu hoch war und man ihm in diesem Krankenhaus nicht helfen konnte.
Der Arzt sagte uns, dass alles in Leon leben möchte, sein Herz, seine Lungen, … das Einzige, worüber sie sich Sorgen machen würden, wäre, dass seine Pupillen nicht reagierten. Leon wurde sofort in ein anderes Krankenhaus verlegt, und es vergingen wieder Stunden.
Irgendwann kam die Oberärztin zu uns und teilte uns mit, dass sie Leon nur noch 72 Stunden geben würden, um eine Reaktion zu zeigen. Danach würde er für hirntot erklärt werden
Es vergingen Tage und Nächte, wir waren immer an seiner Seite, haben sein Zimmer nicht verlassen. Es wurden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, verschiedene Tests. Niemand wusste, was er hat. Kein Arzt konnte es sich erklären, man hatte nur einen Verdacht. Er hat zig verschiedene Antibiotika bekommen, nur leider zu spät. Nach 72 Stunden wurden Leons Geräte abgestellt.
Erst mit der Obduktion kam heraus, dass er an einer Pneumokokken-Meningitis gestorben ist. Wir wurden von der Kriminalpolizei verhört, und wir gehen rechtlich gegen die drei Ärzte vor, die uns mit Fehldiagnosen nach Hause schickten.“
3. Wie überlebt man das als Mama – und auch als Eltern-Paar?
„Ganz ehrlich, das frage ich mich 2,5 Jahre später auch. Wie haben wir das überlebt? Diese Frage wird mir ganz oft gestellt, und meine Antwort lautet immer:
Ich bin nicht mehr diejenige, die ich vor Leon und mit Leon war.
Die alte Karo gibt es nicht mehr. In der ersten Zeit realisiert man es nicht. Man denkt, es geht nicht mehr schlimmer, aber doch, es geht noch schlimmer. Die erste Zeit steht man unter Schock. Man weiß nicht, was man tut und macht, man geht durch den Tag wie ein Zombie und funktioniert nur.
Nach Leons Tod musste eine Beerdigung geplant werden, also habe ich sie geplant, als würde ich einen Kindergeburtstag planen. Ich habe nur funktioniert. Ich wollte, dass Leon die schönste Beerdigung erhält, die es jemals gab. Es wurde eine „König der Löwen“-Beerdigung, weil er unser kleiner Löwe war. Als Anfangsmusik wurde von einer Sängerin „der ewige Kreis“ gesungen. Ich habe ihm auch einen Brief vorgelesen und habe mir dabei vorgestellt, dass er vor mir sitzt und mir zuhört.
In der Anfangszeit dachte ich jeden Tag, er kommt gleich um die Ecke gerannt, ruft laut Mama und rennt mir in die Arme, aber das ist nie passiert.
Nach ein paar Wochen kommt die Realität.
Der Schock ist verflogen, alle, die sich tagelang um uns gekümmert haben, sind ihrer Arbeit wieder nachgegangen. Und während für alle anderen das Leben wieder weiterging, ist für uns die Welt stehengeblieben. Plötzlich hat man es realisiert, und da kam dieser wahnsinnige Schmerz, der sich anfühlte, als würde uns jemand das Herz rausreißen.
Tage und Wochen vergingen, die schlimmer und nicht besser wurden, und jeden Tag stellt man sich die Frage, wann es besser wird, und wie man das überleben soll. Ich fühlte mich allein, obwohl ich nicht allein war.
Als Paar lernt man sich hier nochmal ganz anders kennen.
Mein Mann und ich sind seit 16 Jahren zusammen und man denkt, dass man den Partner in und auswendig kennt. Aber das stimmt nicht. In so einer Situation lernt man den Partner nochmal ganz anders kennen. Wir haben zusammen getrauert, aber auch allein.
Ich habe sehr schnell begriffen, in der Trauer darf man nicht egoistisch sein.
Ja, ich habe meinen Sohn verloren, aber mein Mann hat auch seinen Sohn verloren. Meine Eltern haben ihr erstes Enkelkind verloren, mein Bruder seinen ersten Neffen. Und während ich um meinen Sohn trauere, so trauern meine Eltern nicht nur um ihr Enkelkind, sondern auch mit ihrer Tochter, um die sie sich Sorgen machen und nicht wissen, wie sie ihr am besten helfen können.
Und genauso ist es mit dem Partner. Man trauert um sein geliebtes Kind, und es tut so sehr weh. Aber man macht sich auch gleichzeitig Sorgen um seinen Partner, weil man ihm, auch wenn es für einen selbst so schmerzhaft ist, auch gern den Schmerz nehmen würde. In der Trauer lernt man sich selbst neu kennen, man lernt den Partner neu kennen und man lernt sich als Paar neu kennen.“
4. Das ist jetzt 2,5 Jahre her. Hat sich Deine Trauer in der Zeit verändert? Wie gehst Du heute mit ihr um?
„Ich habe immer wieder Sprüche gehört wie „Zeit heilt alle Wunden“ oder „Alles wird wieder gut“. Nein. Es wird nicht wieder alles gut, es wird anders. Und die Zeit heilt keine Wunden, man lernt nur, mit dem Schmerz umzugehen.
Ich habe irgendwann angefangen meine Trauer und den Schmerz als meine „beste Freundin“ zu sehen, die ich niemals haben wollte. Sie klopft unangekündigt an die Tür, steht da, obwohl ich sie nicht eingeladen habe. Sie umarmt mich manchmal ganz fest, so dass ich kaum Luft bekomme, aber sie ist immer da. Sie ist im Urlaub dabei, beim Kino-Besuch, an Weihnachten, bei der Arbeit, sie ist immer da und man lernt mit ihr zu leben.“
5. Was gibt Dir Kraft an Tagen, an denen die Trauer besonders präsent ist?
„Ich glaube an ein Leben nach dem Tod. Ich glaube daran, dass Leon ein kleiner, wunderschöner Engel ist und trotzdem immer noch bei uns ist, auf seine Art und Weise. Ich glaube daran, dass wir ihn eines Tages in der Ewigkeit wiedersehen werden. Mein Glaube gibt mir Kraft.“
6. Hattest du jemals das Gefühl, dass du auf eine stille, unsichtbare Weise noch mit Leon kommunizierst?
„Ja, ich habe nach Leons Tod ein Medium aufgesucht, jemanden, der mit den Seelen aus der geistigen Welt kommunizieren kann. Das klingt für manche verrückt, aber ich glaube daran, weil einfach schon viele Dinge seit Leons Tod passiert sind, die mir niemand erklären kann. Auch das Medium sagte mir, dass ich Leon immer noch Fragen stellen kann, und er wird mir zwar nicht sofort antworten, aber er wird antworten.
Seit Leons Tod lebe ich im Hier und Jetzt.
So vieles hat sich verändert, unsere Wohnsituation, unsere Jobs, … und ich habe mich bzgl. all dieser Entscheidungen leiten lassen, von den Zeichen, die ich erhalten habe. Das klingt verrückt, oder?
Ich gebe euch mal ein Beispiel: Ich war sehr unzufrieden in meinem letzten Job, wurde gemobbt und rausgeekelt. Ich habe jeden Tag geweint. Und ich wollte diesen Zustand nicht mehr haben, vor allem, da das Leben durch den Tod unseres Kindes schon schwer genug war.
Also wollte ich kündigen und ins kalte Wasser springen, mich selbstständig machen. Ich wusste nicht, ob das die richtige Entscheidung ist. Ich war nervös, als ich die Kündigung abgegeben habe. Als ich sie abgegeben habe, schaute ich auf die Uhr und es war 12:12 Uhr – eine Engelszahl mit der Bedeutung ‚Du befindest dich auf dem richtigen Weg‘.
Klingt wieder verrückt, oder? Aber ehrlich, es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Heute geht es mir besser und ich bin mein eigener Chef. Das ist nun schon fast 2 Jahre her.“
7. Hat sich Dein Kinderwunsch durch Leons Tod verändert?
„Ja. Als Leon auf die Welt kam, war für mich klar ‚Wir sind perfekt‘. Ich möchte kein Kind mehr. Leon reicht mir, und ich werde jeden Moment und Augenblick mit ihm genießen. Und so war es auch, und ich bin sehr dankbar dafür, ich habe jeden kleinsten Moment mit ihm genossen.
Ca. ½ Jahr nach Leons Tod wurde mir die Frage gestellt ‚Kannst du dir ein kinderloses Leben vorstellen?‘ Ich musste nicht lange überlegen. Nein, ich kann mir kein kinderloses Leben vorstellen. Aber mir war auch klar, das ist absolut noch nicht der richtige Zeitpunkt. Unser Leben war ein Scherbenhaufen, und bevor wir diesen Schritt gehen, müssen wir unser Leben wieder ordnen und lernen, mit der Trauer umzugehen.“
8. Wann hattest Du zum ersten Mal den Gedanken an ein Geschwisterchen für Leon? Was ist in dieser Zeit in Dir vorgegangen?
„Da wir nur ein Kind wollten, hat mein Mann nach Leons Geburt eine Vasektomie machen lassen. Der einzige Weg, den wir für ein zweites Kind gehen konnten, war also nur noch mit Hilfe einer Kinderwunschklinik. Kurz vor Leons 1. Todestag hatten wir ein Kennenlerngespräch in einer KiWu-Klinik. Aber es war wirklich nur ein Kennenlernen, ein Informationstermin. Wir wollten uns nur informieren, welche Möglichkeiten wir haben.
Ich habe öfter über ein zweites Kind nachgedacht, aber jeder Gedanke war mit Schmerz verbunden. Ich wusste, es war nicht der Wunsch nach einem zweiten Kind, sondern die Sehnsucht nach Leon. Erst im Januar 2024, also mehr als ein Jahr später, habe ich bewusst über ein zweites Kind nachgedacht und fand den Gedanken schön, dass Leon ein großer Bruder wird.“
9. Wie lange hat es gedauert, bis Ihr Euch sicher wart?
„Mit dem neuen Jahr 2024, waren wir uns eigentlich schnell sicher. Wir möchten ein zweites Kind. Im März 2024 fand der zweite Termin in der KiWu-Klinik statt und unsere Kinderwunsch-Reise fing langsam an.“
10. Wie hat Euer Umfeld reagiert – und wie waren die Reaktionen bei Insta und Co.?
„Ehrlich, das weiß ich gar nicht mehr. Ich glaube, dass es in unserem Umfeld keinen Widerspruch gab. Alle haben sich gefreut und so gespannt gewartet wie wir. Auf Social Media ist das natürlich etwas anderes, da bekommt man ungefragt zig Meinungen. Aber damit muss man natürlich rechnen, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Die meisten haben sich gefreut und auch gespannt unseren Weg verfolgt.
Ein paar einzelne kamen natürlich mit ‚Das ist nur ein Ersatz für Leon‘.
‚Schämt euch‘, usw. Aber egal wie man es macht, auf Social Media kann man es nur falsch machen.
Ich habe auch Nachrichten einen Monat nach Leons Tod bekommen wie ‚Ihr müsst schnell wieder ein Kind bekommen, damit der Schmerz nicht so tief ist‘. Aber solche Nachrichten ignoriere ich gerne. Ich sage nur immer ‚Lauf du erstmal ein paar Schritte in meinem Schuhen, dann können wir nochmal drüber sprechen‘.“
11. Gibt es Sätze, die Dich verletzt haben – auch wenn sie vielleicht gut gemeint waren?
„Ja natürlich. Sätze wie:
- ‚Die Zeit heilt alle Wunden‘
- ‚Kopf hoch, wird schon wieder‘
- ‚Es war Leons Zeit zu gehen, es war seine Bestimmung‘
- ‚Du bist keine Mutter mehr‘ – doch, Leon ist immer noch mein Sohn!
- ‚Du WARST eine gute Mutter‘ – danke, die bin ich immer noch.
Denn ich kümmere mich als verwaiste Mutter um das Grab meines Sohnes, als wäre es sein Kinderzimmer.“
12. Du bist relativ schnell schwanger geworden, aber das Baby ist leider nicht geblieben. Was hat das in Dir ausgelöst? Wie bist Du damit umgegangen?
„Ich habe in der 8. SSW erfahren, dass ich eine Fehlgeburt haben werden. Der 1. Kryoversuch hat geklappt, und in der 8. SSW hatte ich meinen ersten Ultraschall. Ich habe selbst schnell gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Ich wusste, wie ein Ultraschall in der 8. SSW auszusehen hat. Die Ärztin schwieg und lenkte erstmal ab. Aber ich wusste, da ist kein Baby drinnen.
Es war nur eine leere Fruchthöhle zu sehen, aber kein Baby und kein Herzschlag. An diesem Tag, in dieser Nacht bekam ich noch eine sehr starke Blutung und ich wusste, es gibt keine Hoffnung. Unser 1. Kryoversuch ist gescheitert.
Für mich war es psychisch nicht schlimm, denn ich habe schon Schlimmeres erlebt.
Ja, so dachte ich in diesem Moment, denn es gab ja kein Baby, um das ich hätte trauern können. Es war der Gedanke an die Zukunft, der weh tat. Man hat sich natürlich schon alles ausgemalt, die Gestaltung des Kinderzimmers, die Babyparty, die Geburt im Juli 2025, die ersten Tage, Wochen, Monate, das erste Weihnachten 2025, … An die Zukunft zu denken, tat weh, aber ansonsten war es ok für mich. Ich wollte nur so schnell wie möglich mit dem zweiten Versuch starten.“
13. Hattest Du Angst vor einer erneuten Schwangerschaft?
„Auf jeden Fall. Der 2. Kryoversuch klappte wieder, und mit dem positiven Test kamen auch gleich die Ängste. ‚Was ist, wenn die Fruchthöhle wieder leer ist?‘, ‚Was ist, wenn ich mich zu sehr freue und dann wieder enttäuscht werde?‘
Mein erster Ultraschall fand früher statt. Nicht mehr in der 8. SSW, ich wollte ihn früher. Ich wollte sehen, dass da etwas drinnen ist, dass es eine Fruchthöhle gibt und einen kleinen Krümel. Ich hatte meinen ersten Ultraschall bei 5+6, und auch wenn es wahnsinnig früh war, so hat man das Herzchen schon ganz leicht pochen sehen, und ich wusste, es wird alles gut.
Aber natürlich habe ich in Woche 10 immer noch Angst. Ich glaube, eine leichte Angst wird auch immer bleiben. Vor allem jetzt, da das Herzchen kräftig schlägt und man mittlerweile auch Ansätze von Beinen und Armen sehen kann.“
14. Fühlt sich die Schwangerschaft für Dich anders an als damals bei Leon?
„Ehrlich gesagt, kann ich es noch gar nicht glauben, dass ich wirklich schwanger bin und wir unser zweites Wunder erwarten.
Gefühlstechnisch fühlt es sich nicht anders an. Körperlich ist diese Schwangerschaft aber jetzt am Anfang schon anstrengender. Bei Leon war ich total fit, habe mich gut gefühlt und bin meinem ganz normalen Alltag nachgegangen. Jetzt habe ich Angst, einen Schritt zu viel zu gehen. Ich bin vorsichtiger und ängstlicher geworden.“
15. Glaubst du, dass dein Kind eine besondere Verbindung zu Leon haben wird, auch wenn es ihn nie bewusst kennengelernt hat?
„Ja, das glaube ich. Man sagt ja immer, dass Tiere und Kinder ein besonderes Gespür für die geistige Welt haben. Ich bin gespannt, ob es so sein wird. Ich merke es immer wieder mal an unserer Katze, aber bin gespannt, wie es mit einem Baby sein wird.
Leons Geschwisterchen wird auf jeden Fall von Anfang an mit dem Wissen aufwachsen, dass es einen großen Bruder hat. Leon ist immer noch sehr präsent in unserem Leben. Er ist in jedem Raum zu finden und das nicht nur bei uns, sondern bei der ganzen Familie.“
16. Was bedeutet Hoffnung für Dich?
„Das ist sehr schwer für mich zu definieren. Hoffnung bedeutete früher für mich, an Wunder zu glauben. An ein Happily ever after. Ich habe jede Sekunde und Minute an Leons Krankenbett gehofft, gewartet, dass ein Wunder passiert. Auch als die Geräte abgestellt worden sind, habe ich gehofft und gewartet, dass er gleich wieder anfängt zu atmen, wie man es aus den Filmen kennt. Aber es ist nicht passiert. Damit ist mein Glaube an Hoffnung verloren gegangen.
Hoffnung und an Wunder glauben, gibt es für mich nicht mehr.
Hoffnung bedeutet aber auch, positiv gestimmt zu sein. Und das bin ich. Nach dem, was passiert ist, habe ich meine positive Ausstrahlung wieder gefunden, von der ich dachte, dass ich sie nie wieder finden werde. Ich bin optimistisch, mein Glas ist immer halb voll.“
17. Hast Du eine Botschaft für andere Mütter, die vielleicht in einer ähnlichen Situation sind?
„Egal, wer was zu euch sagt, geht immer euren eigenen Weg. In der Trauer gibt es kein Tabu, auch wenn es von der Gesellschaft noch als Tabuthema angesehen wird, aber das wird es nur von Menschen, die so einen Schmerz noch nie erleben mussten.
Ich weiß der Alltagstress kommt oft dazwischen, und ich weiß, als Mama ist man auch mal überfordert und gereizt und übermüdet, aber nehmt eure Kinder ganz fest in den Arm und sagt ihnen, wie lieb ihr sie habt, auch wenn sie euch manchmal auf die Palme bringen. Seid für jeden Augenblick und Moment dankbar und genießt ihn, auch wenn es manchmal schwerfällt. Aber jeden Augenblick und jeden Moment werdet ihr mit euren Kindern nur einmal erleben.
Seid dankbar, für das, was ihr habt, denn gesunde Kinder sind nicht selbstverständlich.“
Vielen lieben Dank und alles Gute für Euch!