Gehfrei für Babys gefährlich: Warum die Lauflernhilfe richtig schädlich ist

Lauflernhilfen erfreuen sich bei Eltern immer noch großer Beliebtheit – meistens zu Unrecht, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder und Stiftung Warentest meinen. Denn ein Gehfrei kann für Babys gefährlich werden!

Was ist denn ein Gehfrei?

„Babywalker“, wie sie genannt werden, bestehen aus einem Rahmen mit Rollen und einem Sitz, in den die Kleinkinder gesteckt werden. Dann können sie sich auf Zehenspitzen rollend herumschieben. So sollen sie schneller lernen, zu laufen.

Schlecht für Körper und Entwicklung

Das passiert aber nicht, im Gegenteil, sind Kinderärzte überzeugt: „Das ist eher schlecht für die physiologische Entwicklung, weil es die Bewegungsmöglichkeiten einschränkt“, so Maria Große Perdekamp von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung.

Dr. Norbert Bier meinte schon 1997 gegenüber Stiftung Warentest: „Zwillingsuntersuchungen haben klar gezeigt, dass Kinder, die viel Zeit im Gehfrei verbracht haben, erst später laufen lernten als ihre Zwillingsgeschwister, die weniger darin saßen. Vor allem entwicklungsgestörte Kinder können sich zudem pathologische Bewegungsmuster aneignen. Behandlungsbedürftige Spitzfußstellungen und eine Verschlechterung spastischer Bewegungsstörungen sind hier zu nennen.“

Wenn ein Gehfrei für Babys gefährlich wird: Zu hohe Geschwindigkeiten

Außerdem können die Kinder die Geschwindigkeit im Gehfrei aufgrund der Rollen nicht kontrollieren. Angeblich gibt es jedes Jahr darum rund 6000 Unfälle! Von einem Fall erzählte Kinderchirurg Dr. Stefan Holland-Cunz der Süddeutschen Zeitung: Ein Kleinkind sei damit eine Kellertreppe hinuntergestürzt, eine schwere Schädelverletzung die Folge. Sogar protestiert hat er darum schon dagegen: „In einem Geschäft für Kinderausstattung habe ich mal eine kleine Demo veranstaltet und den Eltern gesagt, dass die Geräte wirklich gefährlich sind. Kurze Zeit später hat man mich aus dem Geschäft geschmissen.“

Verständlich, schließlich verdienen die Unternehmen immer noch gut daran, die Babywalker an uninformierte Eltern zu verkaufen.

Eine weitere Gefahr aufgrund der Geschwindigkeit sind Öfen, Herd und Heizgeräte. Jährlich verbrennen sich unzählige Kinder, die meist ungebremst an eine solche heiße Stelle knallen.

Auch die größere Reichweite macht einen Gehfrei für Babys gefährlich!

Heiß sind mitunter auch Kaffee- oder Teetassen, an die die Kleinen normalerweise gar nicht herankommen würden. Im Gehfrei allerdings einige Zentimeter höher als normal können die neugierigen Fingerchen über Tischkanten gelangen und schon kippt das heiße Getränk über Arme, Gesicht und Körper.

Durch die dank Lauflernhilfe erlangte Höhe und den größeren Spielraum können auch Dinge wie Putzmittel oder Medikamente auf einmal wieder in greifbare Nähe kommen.

Und noch eine Problem: Gleichgewichtsprobleme

Im Jahr 2011 gab es einen Vorfall, der ein weiteres Kleinkind fast das Leben gekostet hätte, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft berichtete. Ein Kind tauchte, im Babywalker sitzend, das Gesicht in einen Wassereimer. Die Lauflernhilfe kippte nicht – was sie schließlich normalerweise ja auch nicht soll -, das Kind konnte sich allerdings in seiner eingeschränkten Position eingeklemmt nicht mehr befreien. In letzter Minute wurde es von seinen Eltern gefunden und gerettet. Jedoch erlitt es schwere, irreparable Hirnschäden.

Die BAG und der Verband der Kinder- und Jugendärzte raten deshalb stark davon ab, Gehfrei-Geräte zu kaufen. Die Stiftung Warentest tut das bereits seit neunzehn Jahren und in Kanada und Skandinavien sind die Lauflernhilfen schon lange verboten – aus all den genannten Gründen.

Rebecca
Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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