So rettest du deinem Kind das Leben bei einer Vergiftung

Es passiert so schnell: Pillen sehen aus wie Bonbons, Putzmittel könnten doch eigentlich auch wie Saft schmecken, wer weiß das schon, der es nicht probiert hat…. Schwupps, ist der Zigarettenstummel auf dem Gehweg im Mund verschwunden oder der Kühlpack, mit dem man die gerade gestoßene Lippe gekühlt hat, durchgebissen. Innerhalb 0,03 Millisekunden hat Mama dann einen Puls wie ein Sprinter. In den ersten Beispielen zu Recht, im letzten nicht unbedingt. Dabei handelt es sich selten um einen akuten Notfall.

Auf dem Spielplatz oder zu Hause: Schnell landet etwas im Mund, was schreckliche Folgen haben kann. Foto: unsplash / alexander dummer

Ist man sich nicht sicher, ob das, was der Junior da gerade gegessen oder getrunken hat, wirklich giftig ist, hilft der Giftnotruf oder die Vergiftungszentrale – eine Telefonnummer, die jedes Elternteil im Handy gespeichert und am Kühlschrank festgepinnt haben sollte.

Hier die Giftnotruf-Nummern für Deutschland (Quelle: Kinderärzte im Netz): 

Berlin
Giftotruf der Charité Berlin
Tel.: 030 – 19 240
Internet: giftnotruf.charite.de

Bonn
Informationszentrale gegen Vergiftungen
Tel.: 0228 – 19 240
Internet: www.gizbonn.de

Erfurt (GGIZ)
Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen
Tel.: 0361 – 730 730
Internet: www.ggiz-erfurt.de

Freiburg
Vergiftungs-Informations-Zentrale
Tel.: 0761 – 19 240
Internet: www.uniklinik-freiburg.de

Göttingen (GIZ-Nord)
Giftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen,
Hamburg, Niedersachsen, und Schleswig-Holstein
Tel.: 0551 – 19 240
Internet: www.giz-nord.de

Homburg/Saar
Informations- und Beratungszentrum für Vergiftungen des Saarlandes
Tel.: 06841 – 19 240
Internet: www.uniklinikum-saarland.de

Mainz (GIZ)
Giftinformationszentrum der Länder
Rheinland-Pfalz und Hessen
Tel.: 06131 – 19 240

München
Giftnotruf München
Tel.: 089 – 19 240
E-Mail: [email protected]
Internet: www.toxinfo.med.tum.de

Doch die Vergiftungszentrale ist kein Notruf, sagt Kinder-Erste-Hilfe-Coach Inken Sözbir: „Sie ist eine reine Informationszentrale, die einen über mögliche Symptome und weitere Verhaltensweisen aufklärt, also eine gute Infoquelle für die symptomfreie Zeit.“

Die gibt es nämlich, wenn ein Kind etwas Falsches geschluckt hat, erstmal. Wie lange sie dauert, das hängt davon ab, was und wie viel zu sich genommen wurde: „Hier macht die Dosis das Gift. Meistens treten Symptome zeitverzögert auf. Die symptomfreie Zeit kann man nutzen, um bei der Giftzentrale anzurufen.“

Dort sollte man auch anrufen, wenn man sich nicht ganz sicher ist, ob das Kind wirklich etwas Giftiges erwischt hat oder es doch wieder ausgespuckt wurde. Abwarten kann tödlich enden, darum ist es immer die bessere Wahl, die Giftzentrale um Rat zu fragen.

Treten die Symptome auf, ist nämlich schon Not am Mann: „Bei einer Vergiftung können Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchweh, Apathie, Bewusstlosigkeit oder auch Krampfanfälle auftreten. Sobald das Kind Symptome zeigt, muss es sofort zum Arzt!“, macht die gelernte Krankenschwester Inken Sözbir deutlich.

Wichtig ist es, die Reste von dem, was das Kind verbotenerweise geschluckt hat, mitzunehmen. Ansonsten sind Erste-Hilfe-Versuche bei einer drohenden Vergiftung fehl am Platz. Auch das Herbeiführen von Erbrechen, zu dem oft geraten wird, sollte man zunächst unterlassen: „Man sollte das Kind nur auf ausdrücklichen ärztlichen Rat zum Erbrechen bringen.“

Dabei können nämlich winzige Partikel in die Lunge gelangen und dort große Probleme machen, außerdem kann es dadurch zu Verätzungen der Speiseröhre führen.

Das gilt für alle Fälle einer Vergiftung – auch für die, bei der es sofort lebensbedrohlich wird. Das ist dann der Fall, wenn „das Kind versehentlich Schlaftabletten, Beruhigungsmittel, Herz- oder Blutdruckmedikamente oder auch Tabletten zur Behandlung eines Diabetes eingenommen hat.“ Dann muss man unverzüglich die 112 anrufen, ebenso, wenn bereits Symptome einer Vergiftung auftreten.

Ist die Vergiftung bereits fortgeschritten, gelten die gängigen Erste-Hilfe-Maßnahmen: Wenn das Kind bewusstlos ist, aber atmet, bringt man es in die stabile Bauch- oder Seitenlage. Atmet es nicht, muss man sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen.

Hat das Kind Seife oder Spülmittel im Mund, auf keinen Fall mit Wasser ausspülen! Dadurch beginnen diese Stoffe zu schäumen und es kann zusätzlich zu Atemnot kommen. Stattdessen gibt man besser Entschäumer-Tropfen, die man in der Apotheke kaufen kann und für Notfälle zuhause haben sollte.

Um das Risiko zu minimieren, stellt man in der Wohnung alle Dinge, die potenziell gefährlich sind, ganz oben ins Regal – das gilt für Medikamente genauso wie Seife, Nagellack, Spiritus oder Putzmittel. Bei letzterem ist es überdies hilfreich, auf den Zusatz „Bitrex“ zu achten. Er bedeutet, dass es bitter schmeckt, und darum lieber ausgespuckt als ausgetrunken wird.

Verschluckt ein Kind trotzdem Putzmittel, hilft es, wenn es ein Glas Wasser oder einen Tee nachtrinkt, um die Schleimhäute zu reinigen. Niemals darf Milch nachgetrunken werden, obwohl das früher oft empfohlen wurde. Das ausflockende Eiweiß kann sich in Magen- und Darmfalten setzen oder sogar die Aufnahme von giftigen Stoffen beschleunigen. Auch hier gilt wieder: Lieber vorher beim Giftnotruf nachfragen!

Rebecca
Schon seit rund einer Dekade jongliere ich, mal mehr, mal weniger erfolgreich, das Dasein als Schreiberling und Mama. Diese zwei Pole machen mich aus und haben eines gemeinsam: emotionale Geschichten!

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