„Heute bist du mir wichtiger als alles andere!“

Die Spüle ist voll mit dreckigem Geschirr. Der Geschirrspüler mit sauberem. Dringend habe ich hier zu tun. Es geht eigentlich automatisch. Geschirrspüler ausräumen, dann wieder einräumen. Alles, was nicht rein darf, mit der Hand abwaschen. Arbeitsplatte abwischen. Haushalt eben. Da kommst du in die Küche. Auf kurzen Beinen und mit dem ganzen kleinen Gesicht lachend. Und was tue ich?

Ich nehme dich in den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Die Waschmaschine piept. Wie oft vergesse ich die nasse Wäsche in der Trommel, um sie am nächsten Tag noch einmal waschen zu müssen. Dieses mal nicht, denke ich. Haushalt muss sein. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Das Handy brummt. Die kinderlose Kollegin, die immer bis abends arbeitet und bestimmt eine wichtige Frage hat. Ich mag sie, wir sind ein gutes Team und die Arbeit ist mir wichtig. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Der Esstisch sieht aus wie Sau! Krümel, dreckige Tassen, eine alte Zeitung, zerfledderte Servietten, Saftglas-Ränder. Aufräumen und abwischen sind so was von nötig. Verdammter Haushalt. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Omas Geburtstag naht. Ich muss die Karte schreiben, das Geschenk einpacken, euch Kinder ein Bild malen lassen. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Es klingelt an der Haustür. Die alte Nachbarin. Sie will bestimmt wieder über die Hausflur-Reinigung reden. Dass ich nicht gut genug geputzt habe. Eigentlich ist sie nur einsam. Sie klingelt wieder. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Die Post bringt nochmal schlechte Nachrichten. Ich verzweifele und bin nur noch müde. Foto: Bigstock

Drei Rechnungen auf einmal in der Post. Ich verzweifle, rechne nach und verabschiede mich innerlich von der wunderbaren Gartenliege, die ich am Wochenende kaufen wollte. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Das große Kind ist sauer, weil es kein Fernsehen darf. Es schreit und knallt die Tür. Poltert durch sein Zimmer. Etwas knallt gegen die Wand. Ich bin hilflos und genervt. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Ich bin allein im Wohnzimmer. Nur ein paar Minuten für mich. Ein paar Mal durchatmen. Augen zu und kurz mal weg sein. Kraft tanken. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme dich auf den Arm und du legst deinen Kopf auf meine Schulter. Nur wir zwei.

Es ist Abend geworden. Mein Mann kommt nach Hause. Müde und glücklich, seine Familie wieder zu sehen. Das große Kind hat sich wieder beruhigt und stürmt auf ihn zu. Da kommst du. Und was tue ich?

Ich nehme euch alle in den Arm. Unsere Köpfe sind ganz nah beieinander. Nur wir vier.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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