Babyzeit: Ich konnte es kaum erwarten, dass das erste Jahr vorbei ist

„Ich geh mal schnell duschen”, sage ich zu meiner dreijährigen Tochter. „Okahay”, ruft sie aus ihrem Zimmer und spielt weiter mit ihren Pferdchen. Ich verschwinde im Bad und lächle selig. Endlich sind solche Momente möglich: Kind spielt, Mama macht ihr Ding. Wie zum Beispiel duschen –  ganz alleine! Unvorstellbar in ihrem  ersten Lebensjahr, der Babyzeit meiner Tochter…

Ich habe superviele Freundinnen, die das erste Jahr mit ihrem Kind total genossen haben. Ich dagegen erinnere mich eher daran, dass ich jeden Abend zuhause herumsaß, mit meinem kleinen süßen Baby auf dem Arm, und ungeduldig darauf wartete, dass mein Mann endlich aus der Arbeit kam. Endlich Zeit zum duschen, stressfrei essen zuzubereiten oder einfach nur durchzuatmen. Der Haushalt war mir im ersten Jahr sowieso egal, es gab wichtigere Sachen zu tun. Wie zum Beispiel schlafen. Schlafen. Diese wunderbare, von kinderlosen Menschen, völlig unterschätzte „Aktivität”.

Schlafmangel ist eine Bitch

Hier kommt’s, liebe angehende Mamis: Ihr bekommt davon kaum etwas ab während der Babyzeit. Und damit meine ich wirklich eine schmerzhafte, kaum erwähnenswerte Mini-Dosis, die höchstens dafür reicht, die absoluten Notreserven aufzufüllen, um nicht an der Supermarktkasse während des Anstehens unkontrolliert in einen ohnmachtähnlichen Tiefschlaf zu fallen. Schlafmangel ist eine Bitch.

süßes Baby

Psssst, das Kind schläft endlich! Einer der seltenen ruhigen Momente meiner Baby-Tochter. Foto: Timea Sternkopf

Also wenn mir irgendjemand erzählen will, dass das erste Babyjahr wunderschön und entspannt ist, denke ich: „Der hat wohl tatsächlich so wenig Schlaf abbekommen, dass die Halluzinationen Oberhand gewannen!“ Aber gut, mein Baby war kein Anfänger-Baby. Sie war ein High-Need-Baby, wie man heute so schön sagt, quasi eine Vorstufe des waschechten Schreibabys. Meine Tochter ließ sich nicht mal nach dem Stillen ablegen – sie wollte nonstop getragen werden, ich fühlte mich wie ein Känguruh. Vor allem, weil sie auch ähnlich hüpfende Bewegungen bevorzugte.

Und vom Stillen will ich jetzt gar nicht erst anfangen. Die ersten 12 Wochen nach der Geburt verbrachte ich als menschliche Milchkuh mit Doppelpumpset im Dauereinsatz, da sie meine Brust verweigerte. Heute erscheint mir dieses ganz Milchthema so absurd. Im ersten Jahr unterhält man sich mit anderen Mamis fast ausschließlich über Milch in allen Darreichungsformen und Mengen. Und natürlich übers Schlafen.

Heute wenn ich koche, ist meine einzige Sorge, wie ich die von meiner Prinzessin verhassten Zwiebeln im Essen so verschwinden lasse, als wären sie nie dagewesen. Wenn sie einen den für Kleinkinder so typischen Wutanfall bekommt und dabei vielleicht mal ihre Schüssel voller Joghurt auf dem Tisch verteilt, dann verfluche ich natürlich auch die Welt und das Mamasein. Doch wenn ich an das erste Babyjahr denke, dann muss ich über diese (zugegeben ziemlich anstrengenden) Tobsuchtsanfälle schmunzeln. Ach ist das schön, dass mein Töchterchen einen eigenen Willen hat und mit jedem Tag selbstständiger wird.

Endlich ist sie eine „ganz Große“

Sie will alles selber machen, sie ist mittlerweile eine „ganz Große”. Ich bin stolz auf ihre Selbstständigkeit. Ich bin stolz auf ihre Fähigkeit, eine ganze Stunde alleine spielen zu können und dabei in diversen Rollenspielen so zu versinken, dass sie die Welt um sich herum gar nicht mehr wahrnimmt. Ich bin stolz auf diese vor Freude strahlenden Augen, wenn sie ein Eis bekommt oder ein Käsebrot oder eine Erdbeere. Babys wollen immer nur Milch…

Es ist so wunderbar, wie sie versucht ihre liebsten Lieder nachzusingen – auch wenn es bedeutet, dass man jeden Tag in Dauerschleife „Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Galopp” anhören muss. Ist mir ehrlich gesagt lieber, als selber jeden Tag in Dauerschleife Schlaflieder zu singen, damit das kleine Babylein endlich einschläft.

Wenn meine Tochter müde ist, dann sagt sie „Mama, ich bin müüüüüde”. Dann kommt die Gute-Nacht-Geschichte, Schlafeule, Knuddeln und Tschüss – zwölf Stunden Ruhe. Ich hatte zwar kein Anfänger-Baby, aber über die Schlafgewohnheiten meiner mittlerweile Dreijährigen kann ich mich weiß Gott nicht beschweren.

Auch wenn das alles sehr hart klingt, habe ich keine Lust etwas anderes zu erzählen. Die Babyzeit ist kein „Babyurlaub” – es ist ein Jahr voller Erschöpfung, Einsamkeit und Umgewöhnung. Alles was war, ist nicht mehr. Das bedeutet natürlich auch wundervolle Gefühle der Liebe und Wärme, die wir vorher nicht kannten und die wir nie wieder missen möchten.

Trotzdem stehe ich dazu: Ich konnte es kaum erwarten, dass die Babyzeit vorbei ist. Allerdings will ich auch nicht, dass die süße Kinderzeit vorbei ist. Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert (außer man ist drei Jahre alt und hat einen eigenen CD-Spieler…).

Timea Sternkopf
Ich lebe mit meiner knapp dreijährigen Tochter und meinem Mann in München und arbeite als freie Autorin und Dolmetscherin. Ich bin nicht nur eine echte Mama, sondern auch ein echter Film- und Serienjunkie. Neben „Game of Thrones“ hege ich eine ebenso große Liebe zu thailändischem Essen und zum Reisen.

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