Risiko Spinalanästhesie: „Die Betäubung beim Kaiserschnitt lähmte fast meine Beine!“

Kurz nach der Kaiserschnitt-Entbindung bekam unsere Echte Mama Tanja (30) aus Bremen starke Beschwerden – die bis zu Taubheitsgefühlen in den Beinen führte. Wie lang ihre Odyssee zur richtigen Diagnose war, was die Spinalanästhesie damit zu tun hatte und wie es ihr heute geht, erzählt uns Tanja hier:

„Vor knapp zwei Jahren habe ich meinen Sohn per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Es war der aufregendste Tag meines Lebens – gleichzeitig war ich sehr betrübt über die Tatsache, dass ich mein Kind nicht natürlich auf die Welt bringen kann. Er war in Beckenendlage und sein Kopf-Bauch Umfang war zu groß, um ihn normal entbinden zu können.

Die Spinalanästhesie wirkte schnell und ohne Probleme, es konnte losgehen. Mein Sohn kam mit einem lauten Schrei auf die Welt und ich war überglücklich. Alles lief reibungslos.

Doch schon am nächsten Tag hatte ich heftige Rückenschmerzen. Die Ärzte und Schwestern meinten, das sei normal und so hoffte ich, dass meine Schmerzen bald weggehen würden. Doch das taten sie nicht. Die Rückenschmerzen wurden so schlimm, dass ich kaum richtig laufen konnte. Ich habe mich täglich mit Schmerzmitteln zugedröhnt, um meinen Tag als Neu-Mama wenigstens halbwegs zu überstehen.

Etwa drei Wochen nach der Geburt war ich in der Lage, zum Arzt zu gehen. Doch er konnte mit nicht helfen, das Röntgenbild besagte, das alles in Ordnung sei. Ich ging zur Krankengymnastik, doch auch die half mir nicht. Ich wechselte zum Orthopäden, doch nach einigen Terminen sagt auch er mir, dass er mir nicht mehr helfen könne.

Also wechselte ich den Arzt, in der Hoffnung, dass dieser mir besser helfen könnte. Er verschrieb mir etliche verschiedene Behandlungen, doch nichts half so richtig. Keiner wusste so richtig Rat, weder meine Hebamme, noch andere Ärzte, mit denen ich sprach.

Ich hatte es so satt, war frustriert und hatte das Gefühl, keiner würde mich wirklich ernst nehmen. Dann nach knapp 10 Monaten und einem riesigen Ärzte- und Therapeuten-Marathon waren die Rückenschmerzen plötzlich weg – wie weggeblasen! Ich fühlte mich endlich wieder fit und konnte mehr mit meinem Sohn unternehmen.

Doch kurz darauf hatte ich so ein komisches Gefühl im großen Zeh, fast so, als wenn er eingeschlafen wäre. Ich machte mir erstmal nichts draus, doch als es Monat für Monat schlimmer wurde und ich bereits so ein richtiges Taubheitsgefühl in beiden Füßen hatte, ging ich wieder zum Orthopäden, der stellte dann einen Knick-und Plattfuß fest und verschrieb mir Einlagen. Als es durch die Einlagen jedoch nicht besser wurde, machte ich mich auf dem Weg zu meiner Hausärztin.

Diese nahm mich endlich ernst und ich hab mich geärgert, dass ich nicht schon viel früher bei ihr war. Sie schickte mich zum MRT und machte für mich einen Termin bei einem Neurologen aus. Nachdem ich ins Krankenhaus zu einer Lumbalpunktion ging, da Multiple Sklerose vermutet wurde, kam es nach der Auswertung der MRT-Bilder dann endlich raus.

Ich hatte Verklebungen im Spinalkanal, die ziemlich heftig auf meine Nerven drückten und so das Taubheitsgefühl auslösten, das mittlerweile bis in meine Beine ging. Verursacht wurde diese sogenannte Transversal-Symptomatik durch meine Spinalanästhesie –  so steht es im Arztbrief: Langsam progrediente Transversal-Symptomatik bei raumfordernder mutmaßlicher Arachnitis nach Spinalanästhesie.

Das wurde erst anderthalb Jahre nach der Geburt festgestellt! Für mich waren es anderthalb Jahre voller Rätseln und Hoffen, dass irgendwann alles wieder gut wird. Ich hatte mit der Zeit nämlich nicht nur dieses unangenehme Taubheitsgefühl, sondern auch starke Gleichgewichtsprobleme und Probleme, normal zu laufen.

Jetzt hieß es schnell handeln. Ich wurde zu einem Neurochirurgen überwiesen, der mir knallhart sagte, entweder wir operieren oder sie landen im Rollstuhl. Das war natürlich ein riesengroßer Schock! Nach einem ewigen Hin und Her bei den Ärzten, immer mit der Vermutung, dass meine Beschwerden vielleicht irgendwie von der Geburt kommen könnten, bekam ich so eine Diagnose.

Ich war einfach sauer auf all die Ärzte, die mich nicht ernst nahmen. Aber das schmollen brachte ja nichts. Also ließ ich mich operieren. Es wurden bei mir drei Wirbelkörper aufgestanzt, um die Verklebungen zu lösen. Ich hatte viel Glück und einen super Chirurgen – so kann ich heute, drei Monate nach der OP, wieder fast normal laufen.

Dieses Foto wurde kurz nach meiner Operation gemacht. Ich finde, man sieht mir meine Erleichterung genau an – aber auch meine Erschöpfung. Foto: privat

Ich darf durch den Eingriff nicht mehr schwer heben und habe dadurch leider meinen Job als Altenpflegerin verloren. In meinen Beinen habe ich immer noch ein Taubheitsgefühl und teilweise habe ich starke Gleichgewichtsprobleme. Aber ich kann noch laufen und mit meinem Sohn zu Fuß die Welt erkunden! Das ist mir das Wichtigste.

Ob das Taubheitsgefühl und alles, was damit zusammenhängt, je wieder ganz verschwindet, kann mir keiner sagen. Laut den Ärzten haben Nerven eine Regenerationszeit von bis zu anderthalb Jahren. Dennoch gibt es keine Garantie, das ich irgendwann ein Leben ohne Taubheitsgefühl und Gleichgewichtsprobleme führen kann. Aber trotzdem bin ich froh, weiterhin mit beiden Beinen „fest“ im Leben zu stehen.

Bitte, falls es jemanden genauso ergeht, geht zum Arzt und lasst nicht locker! Die Transversal-Symptomatik ist eine sehr, sehr seltene Komplikation – aber denkt an eure Gesundheit und lasst euch nicht abwimmeln.“

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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