Leider kein Mythos, sondern bittere Realität: Der Husband Stitch

„Ach, ich nähe einfach noch ein bisschen enger“ sagte mein Arzt nach der Entbindung und grinste meinen Ex-Mann an!“ Mit dieser Erfahrung, die sie vor Jahren nach ihrer Geburt in einem Krankenhaus in Mönchengladbach gemacht hat, kommentiert eine Frau einen Artikel über den sogenannten Husband Stitch, den EDITION F auf seiner Facebook-Seite gepostet hat.

Wie bitte? Was ist denn das für ein Spruch? Gibt es das wirklich? Und wieso Husband Stitch – hat dieses Grauen auch noch einen Namen!?

Ja, so sieht es aus. Der Husband Stitch, auch Daddy Stitch (fast noch ekliger, oder?) genannt, bezeichnet die Praktik, Frauen nach der Geburt „enger“ zu nähen, um den Geschlechtsverkehr für den Mann lustvoller zu machen.

Was sich anhört wie eine gruselige Sache aus längst vergangenen Zeiten, ist leider auch heute noch traurige Realität. Offiziell gibt es darüber natürlich kaum Informationen. Aber im Internet findet man viele Berichte von Frauen, die wahnsinnig darunter leiden, dass der Arzt ein, zwei, drei Extrastiche gemacht hat, um dem Partner der Neu-Mama eine „Gefallen“ zu tun. Oder von Ärzten, die berichten, dass sie im Kreissaal mehrfach „im betont spaßigen Ton“ von Neu-Papas gefragt wurden, ob sie nicht einfach noch ein paar Stiche mehr machen könnten.

Die Schmerzen der Geburt sind bald vergessen, wenn das Kind da ist. Normalerweise… Foto: Bigstock

Und die Mamas? Leiden enorm. Psychisch unter den Witzchen, die im Kreissaal darüber gemacht wurden. Darunter, dass irgend jemand in dieser verletzlichen Situation überhaupt auf diese Idee kommen kann! Und dann noch ihr Partner oder ein Arzt – beides Personen, denen man eigentlich blind vertrauen möchte. Und körperlich unter anhaltenden starken Schmerzen, vor allem beim Geschlechtsverkehr.

Leider werden diese Nöte in der Regel kaum ernstgenommen oder sogar als Hirngespinst abgetan. Die englischsprachige Ausgabe von Wikipedia gibt sogar zu bedenken, dass viele Mediziner diese „angebliche chirurgische Prozedur“ als „Urban Legend“ bezeichnen und dass ein Autor die Bitte der Männer als „Witz“ sieht, „um die Anspannung nach der Geburt loszuwerden.“ Selten so gelacht.

Fakt ist: Auch, wenn es keine offiziellen Zahlen und keine Einträge in medizinischen Fachbüchern über ihn gibt – der Husband Stitch existiert.

Und Fakt ist auch: Diese Praktik hat nicht einmal die gewünschten Ergebnisse für die Männer! Denn wenn nach einem Dammriss oder -schnitt das Gewebe zwischen Vagina und After genäht wird, hat das keinen Einfluss auf die Enge der Vagina an sich. Ganz egal, wie viele Stiche der Arzt nun vornimmt.

Fassen wir also zusammen: Die Frau erfährt durch den Husband Stitch furchtbare Schmerzen, psychisch und körperlich. Und der Mann bekommt nicht den gewünschten lustvolleren Sex. Was für ein prima Deal.

Natürlich ist der Husband Stitch nicht die Regel, im Gegenteil. Die meisten Partner und Ärzte kommen nicht einmal auf die Idee, diese grausame Art des Sexismus in Betracht zu ziehen. Trotzdem kommt diese Praktik immer wieder einmal vor – und man muss auf sie hinweisen und über sie aufklären, um ihr hoffentlich in naher Zukunft ein Ende zu bereiten.

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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