„Dann packte ich sie am Arm“ Warum körperliche Gewalt niemals in Ordnung ist

Ich hielt mich immer für sehr beherrscht. Wenn mich etwas nervte oder ich im Job kurz vorm Durchdrehen war, merkte man es mir nie an. Lieber ging ich aus dem Raum und holte tief Luft bis es besser war.

Und dann kamen meine Kinder. Zwei im Abstand von dreieinhalb Jahren. Was stressmäßig wirklich schlimmer sein könnte, wie ich nach wie vor überzeugt bin. Trotzdem schafften es die beiden, aus der immer ruhigen Frau, die ich war, eine manchmal ziemlich wütende Mama zu machen. Aus dem Raum gehen war jetzt nicht mehr möglich. Jedenfalls nicht immer. Tief Luft holen wäre schon möglich. Leider denke ich in den schlimmen Situationen nicht immer daran. Sondern werde grob.

Und das ist somit die schlimmste Reaktion, die es gibt. Wenn das große Kind dem Kleinen Reis in die Haare kippt und die Sauce noch hinterher, obwohl ich immer wieder sage, damit aufzuhören. Wenn das kleine Kind sich schreiend und tretend weigert, morgens die Schneehose anzuziehen. Wenn das große Kind sich auf das kleine Kind setzt – diabolisch grinsend.

Dann packt es mich. Und ich packe die Kinder. Ich fasse sie hart am Arm, zerre sie weg, oder drücke sie mit voller Kraft auf meinen Schoß und ziehe die Hose über wütend strampelnde Beine. Das große Kind beschwert sich nach solchen Situationen immer sehr wortreich. Und ich werde ganz klein. Weil ich weiß, dass sie absolut recht hat. Natürlich könnte ich ihr zehn mal ein „Aber“ entgegen werfen. „Aber du hast nicht aufgehört, obwohl ich es gesagt habe“. „Aber du weißt doch, dass du dich nicht auf deinen kleinen Bruder setzen kannst“.

Manchmal tue ich das auch. Und das ist falsch. Weil ich mich damit vor meinem Kind für meinen Gewaltausbruch rechtfertige. Und er ist nicht zu rechtfertigen. Mit keinem Argument. Mal davon abgesehen, dass ein vierjähriges Kind niemals Verständnis dafür haben wird. Es versteht auch nicht, dass ich manchmal mit meinen Kräften am Ende bin – vor allem, wenn ich ihm gerade eben noch mit viel Kraft weh getan habe.

Ich habe mal gelesen, dass fast jeder zweite Bundesbürger es nicht so schlimm findet, wenn Kinder mal eine Ohrfeige bekommen.

Wow. Jeder zweite? Also sozusagen mein Nachbar links und mein Nachbar rechts? Diese Meinung hängt natürlich auch vom Alter, dem Bildungs- und Familienstand ab. Trotzdem. Ohrfeigen sind in meinen Augen schon sehr schlimme, schmerzhafte körperliche Strafen und niemals in Ordnung. Hartes Anfassen oder am Arm zerren übrigens auch nicht. Denn auch das ist körperliche Gewalt.

Ich hoffe inständig, dass unter diesen 48 Prozent so wenig Mamas und Papas wie möglich waren.

Das ist eine anonyme Geschichte von einer Echten Mama. Vielen Dank für’s Zusenden!

Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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