Die Stoffwindel – ist sie wirklich eine gute Alternative?

Stoffwindeln als Alternative zu Pampers und Co. werden immer häufiger zum Gesprächsthema unter Müttern. Wenn man bedenkt, dass ein Baby von der Geburt bis zum Trockenwerden durchschnittlich 6.000 Wegwerfwindeln verbraucht, ist es kein Wunder, dass viele Eltern über andere Möglichkeiten nachdenken.

Ganz abgesehen von den Faktoren „Kosten“ und „Umwelt“ haben wir uns gefragt:

Was können moderne Stoffwindeln eigentlich?
Halten sie auch wirklich trocken?
Und ist das Waschen nicht total eklig?

Weil es zu diesem Thema so viele ungeklärte Mythen und Fragen gibt, sind wir der Sache auf den Grund gegangen und haben die Vor- und Nachteile von Wegwerf- und Stoffwindeln unter fünf Gesichtspunkten vergleichen: Hygiene, Umwelt, Geld, Praktikabilität und Aussehen.

1. Hygiene

Wegwerfwindeln sind hygienisch, soviel ist klar. Sie saugen Babys Ausscheidungen zuverlässig auf und sind, wenn sie voll sind, ruckzuck zusammengefaltet und entsorgt. Was die Alternative Stoffwindel angeht, herrscht diesbezüglich viel Unsicherheit. Die dringendsten Fragen lauten sicher: Läuft da nicht alles durch? Und: Wie bekomme ich ohne große Sauerei das große Geschäft aus der Windel?

Doch moderne Stoffwindeln können so einiges. Schauen wir uns die neuen dreiteiligen Modelle an, wie sie zum Beispiel bei Windelmanufaktur.com oder Windelwissen.de beschrieben werden: Sie bestehen aus einer hübschen Außenwindel mit Klett oder Drückknöpfen, einer wasserdichten Innenwindel und einer Saugeinlage aus Frottee, Microfaser oder einem anderen saugfähigen Material. Auf die Saugeinlage legt man zusätzlich noch ein Vlies, das dann bei voller Windel mit dem Stuhlgang einfach in die Toilette rutscht und abgespült werden kann. So bleibt in der Saugeinlage eigentlich nur das Pipi, wodurch die ganze Waschprozedur deutlich angenehmer wird.

Die wasserdichte Innenwindel sorgt dafür, dass draußen alles trocken bleibt. Allerdings muss die Windel akkurat angelegt werden und richtig gut sitzen, damit das auch einwandfrei funktioniert. Wenn sie voll ist, sollte außerdem sehr zeitnah gewickelt werden. Insbesondere nachts geraten Stoffwindeln jedoch oft an ihre Grenzen, vor allem, wenn das Baby noch alle paar Stunden gestillt wird und entsprechend viel Pipi macht. Nächtliches Wickeln kann da zwar helfen, doch wer will schon sein schlafendes Kind deswegen wecken? Was das Trockenheitsgefühl und die Sicherheit vor dem nächtlichen Einnässen angeht, haben Wegwerfwindeln also definitiv die Nase vorn.

2. Umwelt

Dass Windeln der Umwelt nicht gut tun, ist keine Frage. Die oben erwähnten 6.000 Wegwerfwindeln, die ein Baby im Schnitt hinterlässt entsprechen knapp 10 Prozent des Restmülls pro durchschnittlichem Haushalt und wiegt circa eine Tonne. Stoffwindeln dagegen brauchen viel Wasser und Energie für das Waschen und Trocknen. Eine britische Studie aus dem Jahr 2005 hat errechnet, dass der CO2 Ausstoß von Stoffwindeln am Ende sogar minimal über dem der Wegwerfwindeln liegt. Sind Stoffwindeln also gar nicht umweltfreundlicher?

Wenn man etwas genauer nachschaut, schon! Im Gegensatz zu den Wegwerfwindeln haben Eltern bei den Stoffwindeln nämlich die Möglichkeit, den Verbrauch aus eigener Kraft deutlich zu senken, und zwar

  • indem sie nur so viele Stoffwindeln wie nötig anschaffen und diese im besten Fall später auch für die kleineren Geschwister weiter nutzen,
  • indem sie bei 60 statt 90 Grad waschen, und das auch nur in einer vollen Maschine und
  • indem sie die Windeln bei entsprechendem Wetter an der frischen Luft statt im Trockner trocknen.

3. Geld 

Wegwerfwindeln kosten pro Kind insgesamt ca. 1.000 bis 1.500 Euro, je nachdem welche Marke du kaufst. 25 Stoffwindeln kosten dagegen nur etwa 500 Euro. Wenn man die Kosten für das Waschen hinzurechnet, kommt man auf rund 600 Euro. Weil sie sehr robust und haltbar sind, können Stoffwindeln wie erwähnt von mehreren Geschwistern nacheinander aufgetragen werden. Der Kostenvergleich fällt also eindeutig zugunsten der Stoffwindeln aus. Wer es genau wissen will, kann sich zum Kostenpunkt die sehr detaillierte Berechnung der Windelmanufaktur anschauen.

4. Praktikabilität

Unterwegs sind Wegwerfwindel und Feuchttuch ein perfekt eingespieltes Team. Wie sieht es da mit der Stoffwindel aus? Wohin damit, wenn Baby im Café oder Shopping Center ein großes Geschäft erledigt hat? Wie schon beschrieben, kann das Gröbste zusammen mit dem aufgelegten Vlies in die Toilette entsorgt werden. Für die Saugeinlage (und eventuell weitere verschmutzte Teile der Windel) gibt es ein sogenanntes Pouch, ein wasserdichtes Täschchen, das mit einem Reißverschluss geruchssicher verschlossen und in der Wickeltasche mit nach Hause zum Waschen genommen werden kann. Das Pouch gibt es außerdem auch in der großen Variante für das Badezimmer. Dort werden die schmutzigen Windeln diskret bis zur nächsten Wäsche aufbewahrt.

In Sachen Praktikabilität hat die Stoffwindel somit lediglich in Sachen Volumen und Gewicht leichtes Nachsehen, was sich in der Wickeltasche aber kaum spürbar auswirken wird.

5. Aussehen

Windeln sind Windeln, sie sollen ihren Zweck erfüllen, und dafür müssen sie nicht gut aussehen. Kann man so sehen. Doch wenn man sieht, wie niedlich ein Babypopo in einer Stoffwindel aussehen kann, lässt sich sogar darüber streiten. Die neuen Modelle haben absolut nichts mehr mit vergilbten Mullstoffen zu tun. Es gibt unzählige Varianten mit den hübschesten Stoffmustern, so dass es richtig schwierig ist, sich auf nur 25 Stück festzulegen. An den Stoffwindeln von Bambino Mio kann man sich beispeislweise gar nicht satt sehen. Was also die optischen Möglichkeiten angeht, liegt die Stoffwindel der Wegwerfwindel um Längen voraus.

Falls du nach diesem Vergleich bei Wegwerfwindeln bleiben, aber trotzdem etwas für die Umwelt tun möchtest, nimm einfach diese drei kleinen Änderungen in deine Wickelroutine auf und schon tust du Mutter Natur (und deinem Geldbeutel) einen riesengroßen Gefallen:

  1. Tausche Wickelunterlagen aus Plastik und Einmalauflagen gegen waschbare Unterlagen ein. Diese gibt es inzwischen in vielen hübschen und praktischen Designs und aus wasserabweisenden Stoffen. Für unterwegs lassen sich viele Modelle klein zusammenfalten oder –rollen, so dass sie ganz leicht in die Wickeltasche passen.
  2. Greife statt zu Feuchttüchern und Einmalwaschlappen lieber zu diesen kleinen, quadratischen Baumwollwaschlappen. Die gibt es in Babymärkten oft sehr preiswert im 10er-Pack. Sie lassen sich mit jedem Waschgang bei 60 Grad wieder hygienisch reinigen, können also auch zum Abwischen des Gesichts oder der Händchen genutzt werden – und das bis weit ins Kindesalter hinein.
  3. Ein riechender Windeleimer ist nicht schön und deshalb scheinen die neuen Eimer, bei denen jede Windel in einen Einzelbeutel gewickelt wird und luftdicht im Innern verschwindet, als Retter in der Not. Leider jedoch auf Kosten der Umwelt, denn so wird aus dem normalen Windelmüll ein noch größerer Berg. Wer also einen Balkon oder eine Terrasse hat, kann dort einen „normalen“ Eimer unauffällig platzieren und die Windeln auf diese Weise diskret und geruchsarm entsorgen.
Laura Dieckmann
Als waschechte Hamburgerin lebe ich mit meiner Familie in der schönsten Stadt der Welt – Umzug ausgeschlossen! Bevor das Schicksal mich zu Echte Mamas gebracht hat, habe ich in verschiedenen Zeitschriften-Verlagen gearbeitet. Seit 2015 bin ich Mama einer wundervollen Tochter.

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